IHK Berlin
IHK-Präsident Sebastian Stietzel zu 1 Jahr schwarz-roter Senat
Der Senat hat heute nach einem Jahr Bilanz seiner bisherigen Arbeit gezogen. Dazu äußert sich IHK-Präsident Sebastian Stietzel:
„Ein Jahr nach der Bildung des neuen Senats lässt sich aus Sicht der Berliner Wirtschaft zunächst sagen: Die Probleme der Wirtschaft werden im Senat gehört, der Austausch ist konstruktiv und man wagt sich an die großen Themen heran. Der aktuelle Vorstoß für ein Schneller-Bauen-Gesetz setzt dort an, wo Berlin erheblichen Aufholbedarf hat: Bei schnelleren Verfahren, einfachen Prozessen und vor allem deutlichen Impulsen für mehr Wohnraum. Dabei hat nicht zuletzt der Regierende Bürgermeister immer wieder deutlich gemacht, dass es wirkliche Verbesserungen im Verwaltungshandeln nur geben kann, wenn das Thema Verwaltungsreform endlich grundlegend angegangen wird. Für den Moment sind hier die Weichen gestellt. Gleichzeitig sind die Erwartungen zu Recht riesengroß, und angesichts der konkreten Versprechen für das Jahr 2024 werden wir spätestens in einem Jahr wissen, ob der Senat diese Mammutaufgabe wirklich mit dem nötigen Einsatz vorangetrieben hat.Licht und Schatten sehen wir im Bereich der Bildungs- und Ausbildungsthemen: Die Einführung des 11. Pflichtschuljahres für Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag war überfällig und wird die Perspektiven junger Menschen verbessern. Beim Bündnis für Ausbildung ist es zwar gelungen, die wichtigsten Akteure an einen Tisch zu bringen, um mehr Ausbildungsangebote zu schaffen. Die Vermittlung von unversorgten Jugendlichen auf die freibleibenden Ausbildungsstellen bleibt aber weiter die größte Herausforderung. Leider halten Teile des Senats dennoch weiterhin an der Androhung der – völlig unbrauchbaren - Ausbildungsplatzumlage fest. Diese Umlage wird weder dem Standort und erst recht nicht den Jugendlichen helfen.In der Verkehrspolitik hat ein realistischer Blick auf die Anforderungen der Verkehrswende geholfen, wenig hilfreiche Symbolprojekte abzuräumen. Umso mehr kommt es nun aber darauf an, die Verkehrswende trotzdem mit einem konsequenten Ausbau der Radinfrastruktur und des ÖPNV-Angebots voranzutreiben – ohne dabei den Wirtschaftsverkehr aus dem Blick zu verlieren.Berlin ist ohne Zweifel Wissenschaftshauptstadt. Beim Transfer der Forschungsergebnisse in die Praxis spielt Berlin aber noch nicht in der Spitzengruppe. Zwar gibt es positive Ansätze wie das „KMU-Büro“ oder auch das „Unite-Projekt“, in der Geschwindigkeit braucht es aber mehr Einsatz. Das gilt vor allem für die dauerhafte Finanzierung des Transfers als dritte Säule der Hochschul- und Universitätslandschaft.In der Haushaltspolitik scheint der Senat seine klare Linie noch nicht gefunden zu haben: Einerseits werden die Restriktionen der öffentlichen Haushalte klar und ungeschminkt benannt. Andererseits wurde durch die zu starke Nutzung des Instruments pauschaler Minderausgaben Konflikte ins laufende Jahr getragen, die jetzt für Unsicherheit sorgen. Gleichzeitig wird der finanzielle Spielraum durch das Festhalten an Prestigeprojekten wie dem 29 Euro-Ticket zusätzlich – und unnötig – verengt.“