IHK Berlin
Umfrage zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Unternehmen sehen Defizite bei Kinderbetreuung und Pflege
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Berlin sollen Beruf und Familie in Zukunft besser miteinander vereinbaren können. Dazu wünschen sich die Unternehmen eine zuverlässigere Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen in der Hauptstadt. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Berlin und der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) unter rund 500 Betrieben vom Mittwoch. Sie wurde zusammen mit dem Berliner Beirat für Familienfragen entwickelt.
Mehr als die Hälfte der Firmen (52 Prozent) gab an, dass zuverlässigere Angebote bei der Kinderbetreuung nötig seien. 27 Prozent sprachen sich dafür aus, dass mehr Kitas wochentags vor 6 Uhr und nach 18 Uhr geöffnet sein sollten. Fast ebenso viele Unternehmen (26 Prozent) forderten eine Aufstockung von Plätzen für die Tagespflege. 14 Prozent äußerten darüber hinaus den Wunsch nach einer zentralen Beratungsstelle, die über die betriebliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie informiert.
Die Umfrage zeigt der Wirtschaft zufolge, wie wichtig eine bessere Betreuung für den Arbeitsmarkt ist. Die befragten Unternehmen erklärten, dass fast ein Drittel der Beschäftigten (32 Prozent) in den vergangenen drei Jahren die Arbeitszeit wegen Kinderbetreuung oder Pflege reduziert hat. Sechs von zehn Müttern (62 Prozent) nehmen nach der Geburt zwölf Monate Elternzeit, sieben von zehn Vätern (70 Prozent) entscheiden sich für einen bis vier Monate Auszeit.
„Ein besseres Betreuungsangebot ist ein entscheidender Hebel im Kampf gegen den Personalmangel. Schon heute fehlen in Berlin in allen Branchen und Berufen rund 90.000 Fachkräfte. Angesichts des immer stärkeren Drucks durch die Demografie muss die Politik hier dringend handeln“, sagte IHK-Vizepräsident Stefan Spieker.
„Kurzfristige Finanzprobleme dürfen keine Ausrede sein. Die Investition in eine bessere Betreuung rechnet sich in jedem Fall, für die Unternehmen ebenso wie für die öffentliche Hand“, ergänzte UVB-Präsident Stefan Moschko. „Denn wir wissen seit vielen Jahren, dass mehr Betreuung vielen Menschen den Weg ins Berufsleben oder aus einem Teilzeit- in einen Vollzeitjob erleichtert.“
Die Unternehmen machen ihren Belegschaften bereits zahlreiche Angebote, damit sie Job und Familie besser vereinbaren können. Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) haben die Arbeitszeit flexibilisiert oder Arbeitszeitkonten eingeführt. Nahezu jeder zweite Betrieb (48 Prozent) ermöglicht die Arbeit im Homeoffice. In gut einem Viertel der Unternehmen (27 Prozent) können sich die Beschäftigten befristet freistellen lassen. Weitere Maßnahmen sind Jobsharing oder die Kooperation mit Pflegediensten und anderen Einrichtungen, damit die Betreuung von zu Pflegenden oder Kindern sichergestellt ist.
Allerdings könne nicht jeder Betrieb entsprechende Angebote machen. „Die Berliner Wirtschaft ist von kleinen und mittleren Betrieben geprägt. Hier fehlen oft Mittel und Möglichkeiten für mehr Betreuung. Deshalb brauchen wir hier mehr Engagement des Staates – sowohl bei der Kinderbetreuung als auch bei den Angeboten im Pflegebereich“, erklärten Spieker und Moschko.