IHK Berlin

IHK-Konjunkturumfrage: Strukturelle Krise belastet vor allem Dienstleistungsbranche und verhindert Aufschwung

Die Hoffnung, die Berliner Wirtschaft werde im Frühjahr auf einen stabilen Wachstumspfad zurückkehren, erfüllt sich nicht. Das geht aus den Ergebnissen der repräsentativen Frühsommer-Konjunkturumfrage der IHK Berlin hervor. Demnach verliert der Geschäftsklimaindex, der sich aus aktueller Lage und Erwartungen errechnet, sechs Punkte im Vergleich zum Jahresbeginn. 
Anzeichen für einen bevorstehenden konjunkturellen Aufschwung gibt es kaum, da die Unternehmen sowohl die aktuelle Geschäftslage als auch die Aussichten schlechter bewerten. Besorgniserregend ist, dass das Berliner Dienstleistungsgewerbe, sonst ein konjunktureller Anker der Berliner Wirtschaft, zur aktuellen Umfrage von einem eingetrübten Geschäftsklima berichtet.
Sebastian Stietzel, Präsident der IHK Berlin:
„Die Warnzeichen mehren sich, dass auch die Berliner Wirtschaft in einer strukturellen Krise steckt. Sie mag im Vergleich zu anderen deutschen Bundesländern etwas schneller wachsen. Doch von einem stabilen Wachstumstrend kann keine Rede sein. Einen strukturell untersetzen Aufschwung sucht man vergebens. Die Unternehmen sehen immer mehr Hürden und immer weniger Chancen. Berlin braucht deshalb mehr denn je stabile wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Vieles davon lässt sich auf Berliner Ebene allein nicht lösen. So sind die Energiekosten in Deutschland fast doppelt so hoch wie im europäischen Schnitt. Wir haben innerhalb der EU 27 verschieden regulierte Arbeitsmärkte. Gleichzeitig wachsen die bürokratischen Vorgaben. All das belastet die Berliner Wirtschaft. Deshalb brauchen wir gerade mit Blick auf die bevorstehenden Europawahlen eine starke Berliner Stimme in Europa, um diese Themen anzugehen.“ 
Die Ergebnisse zeigen dabei, dass sich die verschiedenen Branchen der Berliner Wirtschaft uneinheitlich entwickeln. So fällt der Klimaindikator der IT-Dienstleister mit 122 Punkten auf den niedrigsten Wert seit der Energie-Krise. Noch stärker eingetrübt hat sich das Konjunkturklima bei den personenbezogenen Dienstleistern (B2C-Geschäft). Da auch unternehmensbezogene Dienstleister (B2B-Geschäft) von schlechteren Geschäften berichten und zudem skeptisch in die nähere Zukunft blicken, lässt sich dies als Bremssignal für die Konjunktur deuten.
In Industrie und Handel unterdes bleiben die Geschäfte und Erwartungen verglichen zum Jahresbeginn teils stabil, teils verbessern sie sich moderat. Für Bau- und Gastgewerbe wiederum hellt sich das konjunkturelle Klima deutlich auf – jedoch auf teils niedrigem Niveau. Signalisierte der Geschäftsklimaindex im Baugewerbe zu Jahresbeginn mit 101 Punkten noch absoluten Stillstand, so konnte er sich immerhin auf aktuell 112 Punkte verbessern.
Investitionen und Planungen insgesamt verhalten
Die eher skeptischeren Erwartungen und die schwache Lagebeurteilung lassen die Unternehmen bei Investitionen und dem Beschäftigungsplanungen weiter vorsichtig agieren. Der Saldo aus geplantem Beschäftigungsauf- und -abbau liegt nach wie vor bei lediglich sechs Punkten. Zu erwähnen ist hier, dass auch der sich verschärfende Fachkräftemangel negativ auf die Beschäftigungsplanungen auswirkt: Da man nicht damit rechnen, Stellen besetzen zu können, reduzieren Unternehmen entsprechende Planungen. Damit bleibt die Beschäftigungsdynamik in den kommenden Monaten weiterhin verhalten. Es sind auch hier vor allem die Unternehmen aus der Dienstleistungsbranche, die eine Erholung des Gesamtindikators ausbremsen. Der Saldo der Dienstleister sank seit Jahresbeginn um drei auf aktuell acht Punkte: ein für den in Berlin so wichtigen Sektor vergleichsweise schwacher Wert.
Die Investitionsabsichten entwickeln sich ebenfalls enttäuschend schwach. Der Saldo der Investitionsintensität steigt um einen Punkt und verbleibt damit zum dritten Mal in Folge auf niedrigem Niveau. Auch hier sind es die Dienstleistungsunternehmen, die bremsend wirken, da sie ihre Investitionsintensität verringern wollen. Mit 55 Prozent planen deutlich weniger Unternehmen der Dienstleistungsbranche zu investieren als noch zu Jahresbeginn: In der Vorumfrage waren es noch 64 Prozent. Zu denken gibt hier, dass die Investitionen nach Angaben der Unternehmen mehrheitlich in den Bestandserhalt gehen. Das heißt, mit dem Geld wird nicht eine Produkt- oder Kapazitätserweiterung finanziert, sondern der Ersatz z.B. defekter Maschinen.
Externe Risiken belasten die Konjunktur
Die aktuelle konjunkturelle Lage ist geprägt durch anhaltende externe Risiken. Am häufigsten werden dabei der Fachkräftemangel, Energiekosten und die grundsätzlichen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen genannt. So geben knapp zwei von drei Unternehmen an, dass durch fehlenden Zugang zu neuen Mitarbeitenden ihre wirtschaftliche Entwicklung gehemmt wird. Inflation und die fehlende Konsumlaune bremsen weiterhin den Inlandsabsatz.
Die Risikolast – also die durchschnittliche Anzahl an Risiko-Nennungen – verharrt deshalb auf einem krisenhaft hohen Niveau, obwohl sowohl Inflation als auch Energiekosten mittlerweile wieder sinken. Zu denken gibt zudem, dass die befragten Unternehmen die Last der als Risiko für den wirtschaftlichen Erfolg wahrgenommenen Faktoren durchgehend als signifikant höher erleben als beispielsweise vor zehn Jahren. 
Den vollständigen Konjunkturbericht finden Sie auch auf unserer Webseite www.ihk.de/berlin/konjunktur