IHK Berlin

Mehr Bildungsgerechtigkeit in Berlin schaffen! Pilotprojekt von IHK und Teach First Deutschland

Bildungsqualität und Berufsorientierung sind die Schlüssel für mehr Bildungsgerechtigkeit. In Berlin gibt es hier viel zu tun: Berlin ist wiederholt das Schlusslicht in den verschiedenen Vergleichsstudien. So schneiden in der Hauptstadt in Mathematik, Rechtschreibung und Lesen die Schülerinnen und Schüler unterdurchschnittlich ab. Fast 7 Prozent der Jugendlichen verlassen ihre Schulen ohne Abschluss. Gleichzeitig blieben 2022 rund 1500 Ausbildungsstellen unbesetzt. Die IHK Berlin und die gemeinnützige Bildungsorganisation Teach First Deutschland planen deshalb ein gemeinsames Pilotprojekt für mehr Bildungsgerechtigkeit. Im Mittelpunkt der Kooperation steht die Weiterentwicklung einer Pilot-Schule zur idealen Berufsorientierungsschule.
Für eine erfolgreiche Berufsorientierung sind Kontakte und Netzwerke zwischen Schulen und Unternehmen unverzichtbar. Gerade sozial benachteiligte Schülerinnen und Schüler profitieren bei der Suche nach hochwertigen Praktikums- und Ausbildungsplätzen von solchen Netzwerken, die ihnen im privaten und familiären Umfeld nicht zur Verfügung stehen.
Wirksame Berufsorientierung und Ganztagschule können deshalb nur gelingen, wenn außerschulische Partner aus Wirtschaft und engagierter Zivilgesellschaft bei der Umsetzung aktiv einbezogen werden. Ein solcher erfahrener außerschulischer Partner ist Teach First mit seiner Dachorganisation Teach For All, einem globalen Netzwerk für mehr Bildungsgerechtigkeit.
Wendy Kopp, CEO und Gründerin Teach For All: „Wir beobachten global, das innovative Bildungssysteme vor allem in den Ländern entstehen, in denen zivilgesellschaftliche Akteure eine gemeinsame Vision von Bildung verfolgen. Sie stellen sich die Frage, wie das Ziel von Bildung neu gedacht werden muss, damit Schul- und Ausbildung Kinder und junge Erwachsene mit Zukunftskompetenzen befähigt, ihr volles Potenzial zu entfalten. Dafür brauchen wir Menschen, die innovative Lernmethoden und Impulse in die Systeme einbringen und langfristig in Kooperation mit starken Partner:innen weiterentwickeln.“
Sonja Köpke, Geschäftsführerin Teach First Deutschland: „Wir haben in Berlin die Herausforderung, dass tausende Schüler:innen jedes Jahr die Schule ohne Abschluss oder Perspektive auf einen beruflichen Anschluss verlassen. Die Folge ist unter anderem eine steigende Jugendarbeitslosigkeit, die doppelt so hoch ist wie der bundesweite Durchschnitt. Die derzeit 41 Teach First Deutschland Fellows machen hier einen echten Unterschied. An 14 Schulen in Berlin arbeiten sie mit rund 600 Schüler:innen: 95% der Schüler:innen erhalten durch die Unterstützung der Fellows ihren Schulabschluss bzw. erreichen den Übergang in die nächste Schulform. Durch das Coaching der Fellows bei der Berufsorientierung und Ausbildungssuche öffnen sich Schüler:innen neue Möglichkeiten und Perspektiven für ihren ersten beruflichen Meilenstein.“
Sebastian Stietzel, Präsident IHK Berlin: „Innovation entwickelt sich aus Kooperation. Wir freuen uns, mit Teach First bei diesem wichtigen Projekt zusammenzuarbeiten. Beide Organisationen eint die Überzeugung, dass jede Schülerin und jeder Schüler den gleichen Zugang zu Bildung und Chancen verdient. Indem wir konkret die Berufsorientierung am Lernort Schule verbessern, können wir Schülerinnen und Schülern helfen, fundierte Berufsentscheidungen zu treffen und den Weg für eine bessere Zukunft zu ebnen."
Aus Sicht der Berliner Wirtschaft muss das Berliner Bildungssystem Ideen, wie die von Wendy Kopp zulassen und offener werden für Innovationen, damit Jugendliche für das wirkliche Leben lernen – in der Digitalisierung Realität ist, Jugendliche als mündige Bürger Kaufverträge schließen und ein Unternehmen gründen können sowie bis zum Ende der Schulzeit wertvolle Inspirationen haben, um erfolgreich ins Berufsleben zu starten.
Sebastian Stietzel: „Es ist zum Beispiel kurzsichtig, das Schulfach Wirtschaft-Arbeit-Technik nur an den Integrierten Sekundar- und Gemeinschaftsschulen anzubieten. Und sogar diese Schulen haben die Möglichkeit das Schulfach auf 0 Stunden in der 10. Klasse runterzufahren – also dann, wenn der Bedarf nach beruflicher Orientierung und Unterstützung bei den Jugendlichen am größten ist. Verschärft wird die Lage zusätzlich durch den eklatanten Lehrermangel. Die Politik muss handeln, beginnend beim Koalitionsvertrag, der gerade verhandelt wird. Die neue Bildungssenatorin bzw. der neue Bildungssenator muss deutliche Erfolge erzielen bei der Verbesserung von Schulqualität und Berufsorientierung.“
Um Jugendliche besser auf das Leben nach der Schule vorzubereiten, hat die IHK Berlin gemeinsam mit einem Team aus Expertinnen und Experten einen Businessplan Wirksame Bildung mit einer Reihe von konkret umsetzbaren Lösungsvorschlägen auch für die Berufsorientierung an Schulen erarbeitet.
Wirksame Berufsorientierung benötigt entsprechende Rahmenbedingungen: Dazu gehören durchgängiger Unterricht im Schulfach Wirtschaft-Arbeit-Technik (WAT) von der 7. bis zur 10. Klasse mit mindestens zwei Wochenstunden, Einführung des WAT-Unterrichts auch an den Gymnasien, das Erheben des Verbleibs von Jugendlichen nach dem Ende der Schulzeit, attraktivere Studienbedingungen für angehende WAT-Lehrkräfte sowie die Einbindung außerschulischer Partner in den WAT-Unterricht an den Schulen.
An diesem Punkt setzt das nun vereinbarte Pilotprojekt an. Das Ziel: Jeder Jugendliche erhält eine qualifizierte Berufsorientierung auf Basis der individuellen Interessen und Talente. Mit der Unterstützung regionaler Unternehmensnetzwerke, der Expertise der Wirtschaftspartner und den qualifizierten Fellows von Teach First setzen die Schulen diese Strategie um. Die IHK Berlin wird im Projekt die Akteure miteinander vernetzen. Die Fellows die Schülerinnen und Schüler intensiv im Kontakt mit den Unternehmen begleiten.
Sonja Köpke, Teach First Germany: „Das Projekt wird einen wichtigen Beitrag leisten, um das Schulfach Wirtschaft-Arbeit-Technik nachhaltig aufzuwerten, dem pädagogischen Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Viele unserer Fellows entdecken im Laufe ihrer Arbeit, dass sie einen Quereinstieg machen und damit langfristig an Schulen in schwieriger Lage arbeiten möchten. Der große Vorteil, den sie als Quereinsteiger:innen mitbringen, ist, dass sie genau wissen, welche Lehr-Lernumfelder sie erwarten und hierfür bereits spezifisch qualifiziert wurden. Gemeinsam mit dem Land Berlin arbeiten wir daher daran, Fellows mit Interesse an der Arbeit als Lehrkraft eine attraktive Übergangsoption von Teach First Deutschland in den Quereinstieg des Landes Berlin anzubieten Mit diesem Projekt wollen Teach First Deutschland und die IHK Berlin Schulen dabei unterstützen, die für sie optimale und individuelle Berufsstrategie zu zukunftsorientiert zu entwickeln.“
Wendy Kopp, Teach for All: „Mit dem gemeinsamen Projekt der IHK Berlin und Teach Frist Deutschland etablieren wir ein Beispiel für gelebte Collective Leadership, das Silos überwindet und den Blick darauf richtet, was Schüler:innen brauchen, um Hürden zu meistern, ihre eigenen Wege zu gehen und aktiv an unserer Gesellschaft teilzuhaben.“
Das Pilotprojekt wird in den kommenden Wochen beginnen und über zwei Schuljahre laufen. Die Ergebnisse des Projekts werden ausgewertet, um seine Wirksamkeit und das Potenzial für eine Ausweitung auf andere Schulen zu ermitteln.
Informationen zu Wendy Kopp und dem globalen Netzwerk für Bildungsgerechtigkeit Teach For All finden Sie hier: https://teachforall.org/