IHK Berlin
IHK-Konjunkturumfrage: Erholungstendenzen – aber nicht in allen Branchen
Selten lagen die Ergebnisse einer IHK-Konjunkturumfrage je nach Branche so weit auseinander wie im zweiten Corona-Jahr. Während sich die Geschäfte in der Industrie, dem Baugewerbe und Teilen der Dienstleistungs- und Handelsbranchen weiterhin erholen, gestaltet sich die Lage für die Unternehmen des Gastgewerbes, personenbezogene Dienstleister und kleinere Händler weiterhin sehr schwierig, so das Ergebnis der Konjunkturumfrage der IHK Berlin im Frühsommer. Als größte Risiken für die Geschäftsentwicklung sehen die meisten Befragten die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen und den Fachkräftemangel (jeweils 53 Prozent).
Der Geschäftsklimaindex in Berlin steigt auf 116 Punkte, nach 114 Punkten zu Jahresbeginn und 60 Punkten – dem Minusrekord der Zeitreihe – im vergangenen Frühsommer. Doch die Erholung ist nicht gleichmäßig verlaufen.
Teile der Industrie, der IT-Dienstleister, des Nahrungsmittel- und des Onlinehandels berichten von besseren Geschäften als vor der Krise. Sie profitieren von der durch die Krise veränderten Nachfragestruktur und der wieder anziehenden globalen Konjunktur. Im Gastgewerbe dagegen berichten 92 Prozent der Befragten von schlechten Geschäften, bei persönlichen Dienstleistern sind es 55 Prozent und im Einzelhandel 43 Prozent.
Einheitlich über nahezu alle Branchen hinweg wächst dagegen die Hoffnung auf einen guten Konjunktursommer. 34 Prozent der Betriebe rechnen mit besseren, nur 19 Prozent mit schlechteren Geschäften in den nächsten Monaten. Bezogen auf die Geschäftserwartungen sind dies die besten Zahlen seit einem Jahr, allerdings weiterhin deutlich entfernt vom Vorkrisenoptimismus, der vor allem zwischen 2015 und Anfang 2020 die Konjunktur bestimmte.
Auch die Personal- und Investitionsplanungen wenden sich endlich wieder ins Positive. Im IT-Sektor planen zwei von drei Unternehmen Beschäftigungsaufbau, in der Industrie ein Drittel der Unternehmen, im Gastgewerbe hofft immerhin knapp ein Viertel der Betriebe, endlich wieder Stellen schaffen zu können. Bei allem vorsichtigen Optimismus bleiben die pandemie-bedingten finanziellen Belastungen für viele Unternehmen eine schwere Bürde. Im Gastgewerbe kämpfen 52 Prozent der Unternehmen mit Liquiditätsengpässen, 36 Prozent droht sogar die Insolvenz. Im Dienstleistungssektor, der gut 80 Prozent der Berliner Wirtschaftsleistung ausmacht, sehen sich 15 Prozent der Unternehmen zunehmend mit Forderungsausfällen konfrontiert, im Handel sind es elf Prozent. Ein Drittel der Unternehmen insgesamt zehrte in der Krise einen erheblichen Anteil des Eigenkapitals auf – und fürchtet daher Schwierigkeiten bei der Refinanzierung. Da die Konjunktur wieder etwas Rückenwind bekommt, fürchten 53 Prozent der Unternehmen für die Zukunft Wachstumsschwierigkeiten aufgrund des Mangels an Fachkräften. Ebenso groß ist der Anteil der Unternehmen, die fürchten, dass die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wachstumsbremsend wirken.
Jan Eder, Hauptgeschäftsführer IHK Berlin:
„Die gute Nachricht ist, dass die Zuversicht bei vielen Unternehmern zurückkehrt. Die Erholungstendenzen dürfen aber nicht über die desolate finanzielle Lage vieler besonders von der Pandemie betroffener Betriebe hinwegtäuschen. Die zu befürchtenden Insolvenzen werden die gesamte Wertschöpfungskette vom Händler bis zum Produzenten beeinflussen. Zudem sehen wir, dass die strukturellen Herausforderungen der Vorkrisenzeit durch die Pandemie nicht verschwunden sind. Dass der Fachkräftemangel und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als größte Risiken für die Geschäfte wieder an der Spitze der Befragung auftauchen, ist ein Alarmsignal. Das Schaffen wirtschaftsfreundlicher Rahmenbedingungen, die Unternehmen in der Stadt willkommen heißen und mehr Investitionen in Bildung sind und bleiben die größten Baustellen von R2G – auch ohne Pandemie. Die Politik muss jetzt den Neustart klug begleiten und unterstützen. Dazu gehören eine Anschubfinanzierung für die Betriebe sowie die Umwandlung der KfW-Schnellkredite zur Krisenbekämpfung in Beteiligungskapital. Die Neustarthilfe des Landes Berlin zur Aufstockung der Bundesneustarthilfe und auch der Berliner Härtefallfonds müssen jetzt zügig umgesetzt werden. Zwingend notwendig ist auch die umgehende Vorbereitung der nächsten Öffnungsschritte, hier ist unbürokratischer Hilfestellung etwa durch die Bezirke gefragt. Sie sollten öffentlich nutzbare Flächen den Gastronomen, Händlern, Touristik- und Sportanbietern zur Verfügung stellen und auf etwaige Sondernutzungsgebühren verzichten. Und sicher nicht zuletzt muss durch konsequente Kontrollen der weiterhin geltenden Kontakt-, Abstands- und Hygieneregeln dafür gesorgt werden, dass das zarte Pflänzchen Hoffnung nicht durch wieder steigende Infektionszahlen erstickt wird.“
Alle Ergebnisse finden Sie hier: www.ihk-berlin.de/konjunktur