IHK Berlin
Umfrage zur Sperrung der Friedrichstraße: Autofrei allein reicht nicht als Konzept
Die Gewerbetreibenden entlang der Friedrichstraße fordern vom Land und vom Bezirk ein tragfähiges Konzept, wie die Geschäftsstraße während der geplanten Sperrung für den Publikumsverkehr attraktiver gemacht werden soll. Die IHK Berlin, der Handelsverband Berlin Brandenburg und DIE MITTE e.V. hatten die ortsansässigen Unternehmen nach Vorschlägen für eine Belebung der Friedrichstraße gefragt. Interviewt wurden insgesamt 137 Gewerbetreibende. Demnach steht eine knappe Mehrheit der Befragten dem Versuch zwar vom Grundsatz her positiv gegenüber, sieht allerdings Politik und Verwaltung in der Pflicht, gemeinsam mit den Anrainern Maßnahmen zu entwickeln, um die Aufenthaltsqualität zu steigern. Da die Zeit bis zur geplanten Sperrung Anfang August knapp werde, um ein sinnvolles Konzept zu entwickeln, schlagen die Akteure eine Verschiebung in den Herbst vor. Der Projektstart könne beispielsweise zeitgleich mit der Eröffnung der neuen U-Bahnlinie 5 stattfinden, so eine der Forderungen.
Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft und Politik der IHK Berlin: „Jahrelange Einschränkungen durch den U-Bahnbau – und jetzt auch noch Corona. Die Unternehmer in der Friedrichstraße sahen und sehen sich einer Vielzahl von Zumutungen konfrontiert. Den Akteuren vor Ort sind trotz getrübter Aussichten noch längst nicht die Ideen und Visionen - und erst recht nicht die Hoffnung für ihre Friedrichstraße ausgegangen. Es ist bedauerlich, dass Politik und Verwaltung diesen Optimismus, die Tatkraft und nicht zuletzt die Expertise der Akteure vor Ort bei ihren Überlegungen bislang weitgehend außen vor gelassen haben. Echte Bürgerbeteiligung sieht anders aus. Es ist höchste Zeit, dass sich alle Beteiligten ergebnisoffen an einen Tisch setzen, um über die bestmögliche Lösung für eine der Vorzeigestraßen der Stadt zu beraten.“
Nils Busch-Petersen, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Berlin-Brandenburg: „Die Friedrichstraße ist per se keine Flaniermeile, weil sie auf ihre engen, historischen Dimensionen zurückgebaut wurde. Heißt in der Konsequenz: Enge Bürgersteige, keine Bäume, wenig Aufenthaltsqualität. Deshalb braucht es grade hier ein tragfähiges und gut durchdachtes Konzept aller Beteiligten unter Berücksichtigung der Lage in den umliegenden Straßen. Wir sehen grade an anderer Stelle, wie es um den Warenhausstandort Berlin bestellt ist. Ein unvorbereitetes Experiment mitten in der Corona-Krise würde unnötigerweise Druck auf ein weiteres Kaufhaus ausüben. Eine Verschiebung ist da nur folgerichtig.“
Guido Herrmann, Vorstandsvorsitzender DIE MITTE e.V.: „Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen unsere Position, dass ein Verkehrsversuch ohne ein klares Konzept als Maßnahme keinerlei positive Effekte auf die Friedrichstraße haben wird. Wir schlagen vor, den Verkehrsversuch zu verschieben und parallel konzeptionell weiterzuarbeiten. Die Eröffnung der neuen U-Bahn Ende 2020 könnte beispielsweise ein Starttermin sein“.