IHK Berlin

Mietendeckel: Abgeordnetenhaus muss Gesetz stoppen

Die Berliner Wirtschaft lehnt das heute im Senat verabschiedete Gesetz zur Einführung eines Mietendeckels ab. IHK-Präsidentin Beatrice Kramm und Vorsitzende der IHK-Branchenausschüsse warnen vor erheblichen negativen Folgen für das Land Berlin.

Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin:

„Der wirtschaftliche Flurschaden, den der Senat mit dem Mietendeckel anrichtet, ist schon jetzt beträchtlich. Wer davon ausgeht, dass dieses Gesetz den Berliner Wohnungsmarkt entlastet, irrt. Dieser Eingriff ist rechtswidrig, Gift für den Wirtschaftsstandort Berlin und schafft vor allem keine einzige neue Wohnung. Das Außerkraftsetzen des Mietenspiegels von 2019 kommt in vielen Fällen einer staatlich verordneten Mietensenkung gleich. Das wird vor Gericht keinen Bestand haben und verschärft auf unabsehbare Zeit die rechtliche Unsicherheit für Mieter und Vermieter. Nach ersten Ergebnissen unserer aktuellen Konjunktur-Umfrage schlägt sich die Mietendeckel-Debatte bereits auf die Geschäftsaussichten nieder. Der Mietendeckel „atmet“ nicht, wie einige Regierungsvertreter gerne behaupten, dieser Mietendeckel droht vielmehr der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum die Luft abzuschnüren. Wir appellieren deshalb an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses, diesem Gesetz die Zustimmung zu verweigern."

Markus Deupmann, Vorsitzender Ausschuss Steuerpolitik der IHK Berlin

„Der Mietendeckel und noch dramatischer eine etwaige von Behördenseite angeordnete Reduktion der vertraglich vereinbarten Mietbeträge birgt bei gleichbleibender Kostenstruktur und fortgeführtem Investitionsverhalten eine erhebliche Gefahr, dass auch in der steuerlichen Einkünfteermittlung der Vermieter entweder die Steuerbasis erheblich reduziert oder die Vermieter sogar in Verlustsituationen geraten werden. Ungeachtet der Frage, wie die Vermieter diese Verluste wirtschaftlich ausgleichen sollen, wäre jedenfalls die öffentliche Hand wegen der damit verbundenen Steuermindereinnahmen zu bis 50% an den Mindergewinnen oder Verlusten der Vermieter beteiligt. Das birgt Haushaltsrisiken, die angesichts der sich abzeichnenden Rezession unbedingt berücksichtigt werden müssen. Und ob die Geberländer im Finanzausgleich das Berliner Abenteuer goutieren, ist sehr fraglich.“

Jörg Lammersen, Vorsitzender Ausschuss Stadtentwicklung und Infrastruktur

„Der Mietendeckel lenkt von einer verfehlten Wohnungs- und Neubaupolitik des Senats in den zurückliegenden Jahren ab. Anstatt Anreize für einen aktiven Neubau sowie die energetische und generationengerechten Sanierung der Wohnungen in Berlin zu setzen, wird verzweifelt an den Symptomen des Marktversagens angesetzt. Es ist ein verheerendes Signal, welches Berlin 30 Jahre nach Überwindung der Teilung in die Welt sendet und welches zu einer negativen Spiralwirkung durch einen Rückgang in Investitionen und Neubau führen wird."

Rupert Reinhardt, Vorsitzender Ausschuss Bau – und Immobilienwirtschaft der IHK Berlin

„Obwohl selbst Mieter bin ich für „Bauen statt Deckeln“, denn in einem Markt senkt nur ein breiteres Angebot dauerhaft die Preise. Der Mietendeckel verunsichert schon jetzt ganze Branchen mit vielen Arbeitsplätzen, schreckt Investoren von Berlin ab und droht bei einem Scheitern alle zu enttäuschen. Das alles obwohl sich solch Staatsdirigismus doch erst vor 30 Jahren als nicht überlebensfähig erwies.“

Hans-Jörg Schulze, Vorsitzender Ausschuss Tourismus der IHK Berlin

„Mietendeckel, Inflationsausgleich ab dem Jahr 6, Grundsteueranhebung und wer weiß, was R2G noch so ausheckt, sind klare Hinderungsgründe für Investoren sich in Berlin zu engagieren und werden unserer Stadt Schaden zufügen. Das gilt auch für mich selbst, denn ich werde in den kommenden Jahren nicht in meiner Heimatstadt in Immobilien investieren, weil es an einem stabilen, langfristigen Renditehorizont fehlt.”

Sebastian Stietzel, Vorsitzender Kompetenzteam Mittelstand der IHK Berlin

„Der Mietendeckel ist ein fundamentaler Markteingriff, der dem Wirtschaftsstandort Berlin national und international schadet. Dieser eingeschlagene Weg macht mir als Unternehmer aus zwei Gründen Sorgen. Erstens schafft er keine einzige neue bezahlbare Wohnung für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zweitens packt die Politik alte Rezepte, die schon in den 80er Jahren in Form von Mietregulierungen nicht geholfen habe, aus und verschärft diese soweit, dass sie unser Wirtschaftssystem der sozialen Marktwirtschaft ernsthaft in Frage stellt".

Lutz Wedegärtner, Vorsitzender Ausschuss Umwelt und Energie der IHK Berlin

„Es ist derzeit wenig städtebauliche Aktivität seitens des Berliner Senats und deren Kommunalen Wohnungsbaugesellschaften zu vermelden. Stattdessen werden Kampagnen initiiert, die vom Sachverhalt der eigenen Untätigkeit ablenken und am Ende darin münden, günstig verkauften Wohnraum für mehr als das 10fache zurück zu erwerben. Das ist sehr bedauerlich, zumal unsere Stadt die Kraft, die Flächen, aber auch die monetären Mittel hat, um dem Wohnraummangel aktiv entgegen zu treten.“
Nach Ansicht der IHK Berlin und ihrer Ausschussvorsitzenden wäre das Gesetz verfassungswidrig, weil die Gesetzgebungshoheit hierfür beim Bund liegt. Mit Klagen vor dem Verfassungsgericht ist zu rechnen, Mietern wie Vermietern stehen deshalb eine jahrelange rechtliche Unsicherheit bevor. Mieter müssen sich darauf einstellen, durch den Mietendeckel eingesparte Miete nachzahlen zu müssen. Auch das Land könnte zu Ausgleichszahlungen verpflichtet werden.
Der bürokratische Aufwand, den der Mietendeckel verursacht, ist immens. Die 250 zusätzlichen Verwaltungsmitarbeiter wären an anderer Stelle zielführender eingesetzt, beispielsweise um den Neubau in der Stadt voran zu treiben. Das Gegenteil ist der Fall: Die Zahl der erteilten Baugenehmigungen ist sogar rückläufig. Unabhängig davon stellt sich die Frage, woher diese zusätzlichen Mitarbeiter angesichts der ohnehin gravierenden Besetzungsprobleme in der Verwaltung kommen sollen. Auch die ambitionierten Klimaziele werden durch den Mietendeckel torpediert. Festgesetzte Mieterhöhungen von maximal einem Euro nach Modernisierungen sind nicht ausreichend, um hier wirklich Anreize zu schaffen.
Der Mietendeckel wird das Neubau-Engagement privater Bauherren weiter bremsen. Schon jetzt verlagert eine Reihe von Unternehmen ihre Investitionen auf Projekte außerhalb Berlins.