IHK Berlin

Konjunktur verliert an Schwung

Die Konjunktur in der Metropolregion Berlin-Brandenburg ist nicht mehr so ungetrübt wie in den vergangenen Jahren. Zum zweiten Mal in Folge ist der gemeinsame Konjunkturklima-Index gefallen. Er liegt jetzt bei 134 Punkten, im Herbst 2018 lag er bei 138 Punkten. Damit bewegen sich die Indikatoren zwar weiterhin im Bereich der Hochkonjunktur, in beiden Bundesländern beurteilen Industrie- und Dienstleistungsunternehmen ihre Lage jedoch schlechter als in den Vorjahren. Deutlich skeptischer sind die Geschäftsprognosen – viele Unternehmen erwarten, dass die Wachstumsdynamik in den kommenden Monaten weiter nachlassen wird.
Neben den der Weltpolitik geschuldeten Konjunktureinflüssen und dem Fachkräftemangel sehen die Unternehmer zunehmend die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in der Metropolregion als Risiko für die Unternehmensentwicklung. Kritisch bewerten die befragten Unternehmen das öffentliche Vergaberecht. 7 von 10 Unternehmen beteiligen sich der Umfrage zufolge nicht mehr an öffentlichen Ausschreibungen. Vor allem die vergabefremden Kriterien sowie nicht immer marktgerechte Preise machen Aufträge der öffentlichen Hand unattraktiv.
Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin:
"Wenn Unternehmen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in der Metropolregion zunehmend als kritisch für die Entwicklung des Unternehmens einstufen, müssten in Politik und Verwaltung eigentlich die Alarmglocken läuten. Wenn sich dann auch noch die Konjukturaussichten eintrüben, ist Handeln geboten. Die öffentlichen Investitionen müssen endlich auf den Weg gebracht, der Wohnungsbau beschleunigt und das Vergaberecht attraktiver gemacht werden. Vor allem jedoch braucht die Wirtschaft ein klares Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft seitens der Politik. Gedankenspielereien zur Verstaatlichung von Privateigentum schaden dem Standort und dass eine staatlich gelenkte Wirtschaft ökonomisch nicht funktioniert, dürfte die Vergangenheit hinreichend bewiesen haben.“
Mario Tobias, Hauptgeschäftsführer der IHK Potsdam:
„Öffentlichen Aufträgen stehen Brandenburgs Unternehmen eher skeptisch gegenüber: Nicht einmal die Hälfte beteiligt sich an den Ausschreibungen. Beklagt werden zu hoher Zeitaufwand sowie zu ungenaue Bewertungskriterien. Wir wünschen uns zudem mehr Gewicht auf Qualität, anstatt nur nach den Kosten bewertet zu werden. Der Umsatzanteil bei teilnehmenden Betrieben liegt auch deshalb bei weniger als zehn Prozent.
Indes belasten zusätzliche Kostensteigerungen die Unternehmen: Die Lkw-Maut wurde innerhalb von sieben Monaten zweimal drastisch erhöht. Zum 1. Juli 2018 durch die Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen sowie zum 1. Januar 2019 durch die deutliche Anhebung der Mautsätze. Rund zwei Drittel unserer Betriebe beklagen, dass sie von der Steigerung betroffen sind und die gestiegenen Kosten an ihre Kunden weitergeben müssen. In der Industrie ist das Ergebnis noch drastischer – hier sind mehr als 80 Prozent von der Mauterhöhung betroffen. Um die Erhöhung zu kompensieren, fordern wir eine bessere Straßen- und Schieneninfrastruktur, die zu spürbaren Kosteneinsparungen führt. Dazu müssen Planung und Fertigstellung von Verkehrsprojekten viel schneller gehen. Ohne optimiertes Baustellenmanagement und 24-Stunden-Baustellen, wie in anderen europäischen Ländern üblich, wird das nicht gehen.“
Gundolf Schülke, Hauptgeschäftsführer der IHK Ostbrandenburg:
„Die Investitionsabsichten der Berliner und Brandenburger Unternehmer sind nach wie vor auf einem stabilen Niveau. Wünschenswert wäre allerdings, dass die Produktinnovationen als Investitionsmotiv an Bedeutung gewinnen. Dafür fehlen bislang jedoch strukturelle und personelle Kapazitäten. So hemmen zum einen die unzureichende Breitbandversorgung und die instabilen Mobilfunknetze im ländlichen Raum die Integration automatisierter Prozesse in vielen Betrieben. Zum anderen bezeichnen die Unternehmer den Fachkräftemangel nach wie vor als das größte Risiko für ihre zukünftigen Geschäfte. Bereits jetzt können einzelne Branchen die Nachfrage kaum bedienen. Verschärft sich diese Situation, könnte das ökonomische Wachstum in unserer Region hinter seinen Möglichkeiten zurückbleiben.“
Marcus Tolle, Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus:
„Bei den Exportgeschäften in Berlin und Brandenburg hat die Dynamik deutlich nachgelassen. Wesentlicher Grund dafür sind die Turbulenzen auf dem internationalen Markt, wie der Handelsstreit zwischen den USA und China, die unabsehbaren Folgen des BREXIT oder die schwindenden Marktanteile in Russland.
Gegenüber dem Vorjahr sind 2018 die Exportumsätze bei den Industrieunternehmen in Berlin um 0,4 Prozent und in Brandenburg um 8,8 Prozent gestiegen, doch ist in den kommenden Monaten mit einer deutlich schwächeren Dynamik zu rechnen.
Die Exportwirtschaft in Brandenburg muss weiter gestärkt werden, weil der Außenhandel eine wichtige Rolle für die Bewältigung des regionalen Strukturwandels spielt. Dafür brauchen die Unternehmen verlässliche politische Rahmenbedingungen und starke Partner bei der Begleitung in neue Märkte."
Den gesamten Konjunkturbericht können Sie hier herunterladen: www.ihk-berlin.de/konjunktur