IHK Berlin
IHK Berlin fordert verlässliche Perspektiven für die gesamte Wirtschaft
An diesem Donnerstag schalten sich die Ministerpräsidenten zur gemeinsamen Konferenz mit der Bundeskanzlerin zusammen. Schwerpunkt werden eine erste Bilanz der bisherigen Lockerungen und mögliche weitere Schritte sein. Vor allem die Gastronomie, Hotellerie und der Tourismus hoffen auf Perspektiven für die Wiederaufnahme ihrer Geschäfte.
Dr. Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin:
„Die Auswirkungen der Corona-Krise für die Berliner Wirtschaft sind verheerend, in der Gastronomie, in der Hotellerie und im Tourismus sind sie katastrophal. Wir müssen daher im Umgang mit Corona wieder in ein steuerbares und damit planbares Fahrwasser kommen. Dabei ist auch der Wirtschaft klar, dass höchste Anforderungen an Infektionsschutz und Hygiene gelten müssen – alleine deshalb, weil sich keine Branche eine zweite Infektionswelle leisten kann. Diese Anforderungen können aber so ausgestaltet werden, dass alle Wirtschaftszweige faire Chancen für einen Wiedereinstieg erhalten. Digitale Tools eröffnen eine Vielzahl von Möglichkeiten, um auch in besonders sensiblen Bereichen Perspektiven zu eröffnen. So können beispielsweise Buchungs-Apps oder Ticketsysteme Besucherströme steuern und entzerren. Es gibt ja bereits funktionierende Beispiele aus der Praxis, die nur entsprechend breit ausgerollt werden müssten, bei Bedarf mit entsprechender Förderung.“
Statements aus einigen besonders betroffenen Branchen
Veranstalter:
Prof. Peter L. H. Schwenkow, Vorsitzender des Vorstandes, Gründer & CEO, DAEG – Deutsche Entertainment AG:
„Wir verkaufen das kleine Glück, die kleine Flucht. Wir bringen Menschen, Freunde zusammen. Aktuell arbeiten wir an neuen Veranstaltungsformaten, die den Hygienemaßnahmen gerecht werden, jedoch werden diese Formate den finanziellen Verlust nicht kompensieren können. Wenn die lebendige Veranstaltungskultur in Berlin erhalten bleiben soll, dann brauchen wir also dringend einen Zuschuss. Ein einmaliger Zuschuss reicht. Es muss kein Fass ohne Boden sein. Genauso muss auch dringend am 7. Mai die Gutscheinlösung beschlossen werden, da ansonsten viele und vor allem kleine Veranstalter am nächsten Tag Insolvenz anmelden müssen und dann bekommt der Kunde gar nichts.“
Gastronomie:
Michael Näckel, Mitinhaber der Papaya Restaurants:
„Von der Politik erwarte ich einen klaren Fahrplan zur Exitstrategie. Es gibt keinen Grund, die gastronomischen Betriebe weiterhin geschlossen zu halten. Die Wahrung der Abstands- und Hygienemaßnahmen ist in unseren Betrieben sehr gut umsetzbar. Bereits in den vergangenen Wochen haben wir im Rahmen unseres Abholservices entsprechende Erfahrungen gesammelt: für Kunden wie auch die Mitarbeiter steht Desinfektionsmittel bereit, die Einhaltung der Abstandsregeln wird durch unsere Mitarbeiter kontrolliert. Zudem hat der Dehoga Bundesverband entsprechende Handlungsempfehlungen zur Arbeit am Gast herausgegeben, die wir für unsere Betriebe umsetzen können. Grundsätzlich wünsche ich mir mehr Gestaltungsfreiheit im Umgang mit der Krise. Aufgrund der gebotenen Distanzregeln wäre eine großzügigere Handhabung bei der Kontrolle der Sondergenehmigungen zur Nutzung öffentlichen Straßenlandes wünschenswert. Warum nicht auch den Unterstreifen zur Nutzung durch die Außengastronomie zulassen? Denn eines ist klar, auch wenn wir bald wieder öffnen dürfen, aufgrund der notwendigen Abstandsregeln werden wir voraussichtlich zwischen 40-60 Prozent weniger Umsatz erwirtschaften können.“
Touristische Attraktionen
Malte Oberbeck, GF House of Tales:
„Für mich ist es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien geöffnet werden darf und nach welchen nicht. Ich betreibe mit House of Tales fünf Escape Rooms, die jeweils nur von einer Gruppe genutzt werden können. Das bedeutet, hier findet keine Vermischung mit anderen Gästen statt. Die Räume können von Paaren, Familien oder WG‘s genutzt werden, also von denen, die auch schon heute eine häusliche Gemeinschaft bilden. Die Hygiene- und Abstandsmaßnahmen sind daher gut umsetzbar, gespielt werden kann mit Einmalhandschuhen und Masken. Auch unsere Mitarbeiter sind geschützt, denn die Kommunikation während eines Spiels findet per Monitor und ohne persönlichen Kontakt statt. Die Einweisung erfolgt in einem separaten Raum, indem die Abstandsregeln eingehalten werden können. Alles was die Gäste anfassen kann nach jedem Durchgang desinfiziert werden, was wir zu Beginn der Krise übrigens schon umgesetzt hatten. Die Politik wäre gut beraten, sich mit den Gegebenheiten von Anbietern auseinanderzusetzen und nicht pauschal ganze Branchen geschlossen zu halten.“
Fahrgastschifffahrt
Andreas Behrens, GF Stern- und Kreisschifffahrt:
„Wir haben als Fahrgastschifffahrt die Möglichkeit unseren Linienverkehr anzubieten. Wie auch im ÖPNV könnten die Kunden Masken tragen und die Corona Hygiene Richtlinien können eingehalten werden. Es ist für uns einfach, den Zugang zu beschränken und die Maßnahmen einzuhalten. Wie das geht, zeigt das Beispiel der Schifffahrt in Potsdam. Dort dürfen die Potsdamer wieder aufs Wasser – natürlich mit Nasenmundschutz und vorerst ohne gastronomisches Angebot. Wieso sollte das nicht in Berlin möglich sein?“
Hotellerie
Uwe Hauptmann, Inhaber/ Geschäftsführer Hotel Kastanienhof:
„Wir halten unseren Betrieb für Geschäftsreisende wie Monteure geöffnet, haben aber nur wenige Gäste. Was wir brauchen sind auch private Übernachtungen. Dazu gehören übrigens auch Mütter oder Familienangehörige, die mal eine kurze Pause brauchen und gerne bei uns übernachten würden, aber nicht dürfen. Die Hygiene- und Abstandsregeln halten wir selbstverständlich ein. Das Frühstück bieten wir so an, dass jeder Gast für sich mit Abstand zu den anderen Gästen sitzen kann. Die Zimmer könnten aus Infektionsschutzgründen zwei oder drei Tage ohne Belegung bleiben. Aus meiner Sicht sind die Entscheidungen der Politik willkürlich. Das gilt auch für die finanzielle Unterstützung. Das Land Berlin muss schnell und unbürokratisch finanzielle Zuschüsse für Unternehmen mit mehr als 10 Mitarbeitern zur Verfügung stellen. Kann jemand aus dem Senat erklären, warum 15 Bundesländer ihren mittelständischen Unternehmen finanzielle Zuschüsse bezahlen, nur Berlin als einziges nicht? “