16. November 2015

Eine Wachstumsstrategie für Berlin – jetzt erst recht

Berlin wächst. Immer mehr Menschen aus der ganzen Welt kommen in die deutsche Hauptstadt um hier zu leben, zu gründen und zu arbeiten. Wenn auch aktuell der große Zustrom von Flüchtlingen rasche Lösungen erfordert, so braucht Berlin mehr denn je eine langfristige Strategie zur Gestaltung des Wachstums. Dabei gilt es für grundlegende Entwicklungstrends – wie etwa Digitalisierung, Globalisierung oder Partizipation – berlinspezifische Lösungen zu finden und zu einer übergreifenden Gesamtstrategie zu bündeln. Die Grundzüge einer solchen Strategie beschreibt eine heute vorgestellte Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung.
Auf Anregung des IHK-Ehrenamts hat ein von der IHK Berlin einberufenes Expertengremium Ausgangslage und anstehende Handlungserfordernisse intensiv diskutiert. Die Ergebnisse dieses Prozesses sind in die heute vorgestellte Studie eingeflossen. „Die Diskussionen machten neben dem Licht auch die Schatten im Berlin der Gegenwart sehr deutlich“, sagt Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin. „Unter anderem sehen die Beteiligten sowohl bei der Infrastruktur – ganz gleich ob Verkehrsinfrastruktur, Schulgebäude oder Breitbandversorgung – als auch bei Serviceangebot und –kultur der öffentlichen Verwaltung Handlungsbedarf, um den Ansprüchen der Berliner und zukünftigen Berliner gerecht zu werden. Grundsätzlich haben wir in Berlin in erster Linie aber kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem: In vielen Bereichen besteht eine Diskrepanz zwischen dem Status quo und den Anforderungen an die Hauptstadt.“
Ziel der IHK Berlin ist es daher, mit dieser nun vorliegenden Studie und dem in der begleitenden Diskussion gesammelten Expertenwissen das Zukunftsbild für Berlin aktiv mitzugestalten. Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat erste Grundzüge für eine intelligente Wachstumsstrategie für Berlin formuliert. „Jetzt ist es eine gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und nicht zuletzt der Berliner Gesellschaft, die Dynamik zu nutzen und politikfeldübergreifend eine Vision und konkrete Umsetzungsstrategie für ein zukunftsfähiges Berlin zu erarbeiten. Die IHK Berlin steht hierfür bereit und bietet ihre Unterstützung für diesen politischen und gesellschaftlichen Prozess an“, so Eder.
Dr. Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung hält unter den aktuellen demografischen Entwicklungen bis 2030 „einen Bevölkerungszuwachs auf knapp vier Millionen Einwohner für realistisch“. „Dieses Wachstum muss so gestaltet werden, dass die Stadt ihre Freiheiten und Freiräume bewahrt und gleichzeitig zu einer wohlhabenderen, lebenswerteren und nachhaltigeren Metropole werden kann“, betont Reiner Klingholz. Um dies zu ermöglichen, bedarf es einer smarten Wachstumsstrategie, deren Grundzüge bis 2030 in dieser Studie skizziert sind. Sie ergeben sich aus dem Zusammenspiel der spezifischen Eigenheiten Berlins und externen Faktoren, sogenannten „Megatrends“, die auf alle Metropolen der Welt einwirken.
Neben den künftigen Aufgaben warten auch noch unerledigte Hausaufgaben, erklärt Reiner Klingholz: „Damit Berlin eine smarte Wachstumsstrategie umsetzen kann, müssen einige grundlegende Voraussetzungen geschaffen werden: Erstens benötigt Berlin eine Investitionsoffensive für die Infrastruktur der wachsenden Stadt. Zweitens bedarf es einer effizienten Verwaltung, welche die anstehende Pensionierungswelle für eine umfassende Modernisierung nutzt. Drittens müssen Berlins zentrale Standortakteure die Bereitschaft und Fähigkeit entwickeln in der ersten Liga internationaler Metropolen mitzuspielen. Viertens ist die Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg auszubauen, um das Umland der Metropole in den Wachstumsprozess einzubinden.“
„Diese Studie soll ein erster Impuls für die Stadt sein, sich den veränderten Rahmenbedingungen anzunehmen und die Weichen für die Zukunft Berlins zu stellen“, unterstreicht Reiner Klingholz. „Dazu ist es unerlässlich eine klare Vision mit einem Leitbild für Berlin zu entwickeln, das von der Mehrheit der Bevölkerung getragen wird, wechselnde politische Konstellationen überlebt und die anstehenden Aufgaben in einer übergeordneten Strategie bündelt.“
„Zu dieser Initiative motivierte uns der Wunsch, dass Berlin nicht weiter als ´arm aber sexy` angesehen wird. Vielmehr soll das Potential identifiziert werden, das wir – Matthias Klussmann (Becker & Kries) und ich als neue IHK-Präsidiumsmitglieder – sehen“, so Ute Witt, Mitglied des Präsidiums der IHK Berlin und Besonders bestellte Bevollmächtigte der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. „Bausteine eines Zukunftsbildes für Berlin gibt es bereits. Sie konzentrieren sich jedoch in der Regel auf Teilaspekte. Uns fehlte eine Initiative, die die Stadt sowie den Speckgürtel insgesamt betrachtet und den Fokus insbesondere auf die wirtschaftlichen Faktoren als notwendige Voraussetzung für die Gesamtentwicklung legt. Mit unserem Prozess soll ein Zukunftsbild entworfen werden, das alle Bereiche und Stakeholder zusammenführt. Berlin ist – wie alle anderen Metropolen auch – konfrontiert mit globalen Entwicklungstrends: Doch was sind die Herausforderungen und welche Alleinstellungsmerkmale hat Berlin? Welche Weichen müssen deshalb wie gestellt werden, um diesen Herausforderungen zu begegnen und sie zu nutzen? Wir sind fest davon überzeugt, dass sich die richtigen Antworten nur mit einer übergeordneten Betrachtung finden lassen.“
„Die am Standort spürbare Kreativität und Aufbruchsstimmung muss auch durch neue Formen der Partizipation in die Gestaltung der Stadt einfließen. Die Berliner Bevölkerung, die großen und kleinen Unternehmen sowie die Forscher und Repräsentanten aus Kunst und Kultur, die Alteingesessenen, die Neu-Berliner und die Berlin-Liebhaber sind eingeladen, am Berlin der Zukunft mitzubauen. Mit dem am Standort verfügbaren kreativen Potential sollte es gelingen, ein Zukunftsprofil für Berlin zu formulieren, das die deutsche Hauptstadt im Wettbewerb der Metropolen gut abschneiden lässt und gleichzeitig ihre Bewohner in diesen Entwicklungsprozess einbezieht“, so Andreas Krüger, Mitglied der Vollversammlung der IHK Berlin sowie Geschäftsführer der Belius GmbH.
Die Studie finden Sie unter www.berlin-institut.org/publikationen.html

Eine Pressemitteilung der IHK Berlin und des Berlin Instituts vom 16. November 2015