IHK Berlin

Offener Brief gegen Enteignung

Mit der Positionierung der Mehrheit der Senatsmitglieder für die Ziele des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ haben zwei der den Senat tragenden Parteien ein deutliches Signal gesetzt. Als Repräsentanten großer Teile der Berliner Wirtschaft nehmen die IHK Berlin und der VBKI dieses Signal zum Anlass, die Landespolitik mit anliegendem offenem Brief nachdrücklich an die Grundlagen des Aufschwungs zu erinnern, den diese Stadt in den letzten Jahren erlebt hat. Unternehmerinnen und Unternehmer des Ehrenamts der IHK Berlin und des VBKI appellieren daher nachdrücklich an den Senat und alle politischen Entscheidungsträger des Landes und der Stadt, von diesem Weg entschieden Abstand zu nehmen.
Offener Brief an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, die Senatorinnen und Senatoren des Senats von Berlin sowie die Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin
Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister, sehr geehrte Senatorinnen und Senatoren, sehr geehrte Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin,
mit der Positionierung der Mehrheit der Senatsmitglieder für die Ziele des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ haben zwei der den Senat tragenden Parteien ein deutliches Signal gesetzt. Als Repräsentanten großer Teile der Berliner Wirtschaft nehmen wir dieses Signal zum Anlass, die politischen Entscheidungsträger nachdrücklich an die Grundlagen des Aufschwungs zu erinnern, den diese Stadt in den letzten Jahren erlebt hat:
Nach anfänglicher Euphorie nach dem Mauerfall und dem darauf schnell folgenden Abschwung auf das Niveau vor der Wende sind die letzten 15 Jahre entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung Berlins gewesen. 15 Jahre, in denen die Wirtschaft über dem Bundesdurchschnitt um mehr als 20 Prozent gewachsen ist, in denen 400.000 Menschen in Arbeit gekommen sind und somit die Arbeitslosenquote von katastrophalen 19 Prozent auf unter 8 Prozent gesunken ist.
Berlin boomt, ist Start-up-Hauptstadt, Wissenschaftsmetropole, kreativer Hot Spot und Sehnsuchtsort für Touristen und Menschen, die hier leben, arbeiten und wohnen wollen. Diese positive Entwicklung macht unser Berlin von heute aus. Aber nichts an dieser Entwicklung ist selbstverständlich und der Aufholprozess noch lange nicht beendet. Berlin weist weiterhin eine geringere Bruttowertschöpfung auf als vergleichbare Standorte. Die industrielle Basis hält sich konstant, wächst aber kaum. Die Arbeitslosigkeit liegt immer noch deutlich über dem Bundesschnitt. Die Stadt bleibt hochverschuldet. In dieser Gemengelage hat die Berliner Politik vor allem einen Auftrag: Das Wachstum mit guten Rahmenbedingungen zum Leben und Arbeiten zu fördern, Berlin als Investitionsstandort zu bewerben und die unternehmerische Basis der Stadt zu entwickeln.
Diesen Weg haben wesentliche Teile der Berliner Politik mit ihrer Entscheidung, das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ zu unterstützen, verlassen. Der angespannte Mietmarkt und die daraus resultierende Wohnungsknappheit ist für alle Bevölkerungsschichten eine Herausforderung – auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Unternehmen, für potenzielle Fachkräfte, um die wir mit Konkurrenten an anderen Standorten werben. Es sind unsere Mitarbeiter, die keine erschwingliche Wohnung finden, weil zwischen geförderter Wohnung und Luxuspenthouse für die breite Mittelschicht immer weniger angeboten wird.
Dies rechtfertigt jedoch nicht den Einsatz eines Mittels, das nicht nur ungeeignet zur Problemlösung ist, sondern dem Wirtschaftsstandort Berlin insgesamt schadet. Eine aktuelle IHK-Mitgliederbefragung verdeutlicht die massive Kritik der Unternehmen an den Enteignungsplänen. Jeweils 80 Prozent der befragten Firmen halten das Instrument zum einen für ungeeignet zur Entspannung des Mietmarktes und rechnen zum anderen mit negativen Folgen für das unternehmerische Gesamtklima. Enteignungen von großen Wohnungsunternehmen sind nicht nur verfassungsrechtlich umstritten, sie schaffen keinen einzigen Quadratmeter neuen Wohnraums. Sie sorgen darüber hinaus für ein nahezu unkalkulierbares Haushaltsrisiko für die öffentliche Hand, die im Kernhaushalt und bei den öffentlichen Unternehmen erheblich belastet ist.
Besonders schwer wiegen jedoch die „Nebenwirkungen“ dieser Debatte. Es ist kein Wunder, dass die ausländische Presse sich ausgiebig möglichen Enteignungen in der Hauptstadt des Landes widmet, in dem die Soziale Marktwirtschaft erfunden wurde. Sollte sich Berlin tatsächlich für Enteignungen entscheiden, werden die Folgen gravierend sein. Die Attraktivität des Standorts wird erheblichen Schaden nehmen, Unternehmen werden ihre Investitionsentscheidungen auf den Prüfstand stellen. Diese Erfahrung machen wir bereits heute in Gesprächen mit Vertretern von Unternehmen in- und außerhalb Berlins. Diese Entwicklung kann und darf niemand ignorieren, der politische Verantwortung in Berlin übernimmt.
Für uns als Repräsentanten aller wichtigen Branchen dieser Stadt, die in den vergangenen Jahren Investitionen in den Standort getätigt, Menschen eine berufliche Perspektive geboten und Wertschöpfung für Berlin erzeugt haben, ist diese Politik ein schwerer Rückschlag. Wir appellieren daher nachdrücklich an Sie und alle politischen Entscheidungsträger des Landes und der Stadt, von diesem Weg entschieden Abstand zu nehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Beatrice Kramm
Präsidentin der IHK Berlin
Dr. Eric Schweitzer
Vizepräsident der IHK Berlin
Tobias Weber
Vizepräsident der IHK Berlin
Ute Witt
Vizepräsidentin der IHK Berlin
Uwe Ahrens
Vorsitzender des Ausschusses Industrie der IHK Berlin
Markus Deupmann
Vorsitzender des Ausschusses Steuerpolitik der IHK Berlin
Daniel-Jan Girl
Vorsitzender des Ausschusses Digitale Wirtschaft der IHK Berlin
Jan Gezinus IJspeert
Vorsitzender des Ausschusses Internationalisierung der IHK Berlin
Anne-Kathrin Kuhlemann
Vorsitzende des Ausschusses Wirtschaftspolitik der IHK Berlin
Jörg R. Lammersen
Vorsitzender des Ausschusses Stadtentwicklung und Infrastruktur der IHK Berlin
Matthias Patz
Vorsitzender des Ausschusses Innovation & Technologie der IHK Berlin
Günther Pätz
Vorsitzender des Ausschusses Gesundheitswirtschaft der IHK Berlin
Andreas Peter
Vorsitzender des Ausschusses Verkehr der IHK Berlin
Rupert Reinhardt
Vorsitzender des Ausschusses Bau- und Immobilienwirtschaft der IHK Berlin
Mona Rübsamen
Vorsitzende des Ausschusses Creative Industries der IHK Berlin
Hans-Jörg Schulze
Vorsitzender des Ausschusses Tourismus der IHK Berlin
Stefan Spieker
Vorsitzender des Ausschusses Bildung, Fachkräfte und Arbeitsmarkt der IHK Berlin
Sebastian Stietzel
Vorsitzender des Kompetenzteams Mittelstand der IHK Berlin
Martina Tittel
Vorsitzende des Ausschusses Handel der IHK Berlin
Lutz Wedegärtner
Vorsitzender des Ausschusses Energie & Umwelt der IHK Berlin
Markus Voigt
Präsident des VBKI
Christian Kloevekorn
Vizepräsident des VBKI
Henning Banthien
Vorsitzender des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft des VBKI
Wolfgang Branoner
Vorsitzender des Ausschusses Wirtschaftspolitik des VBKI
Gabor Beyer
Vorsitzender des Ausschusses Intelligente Infrastruktur des VBKI
Kai Drabe
Vorsitzender des Ausschusses Finanzen des VBKI
Dr. Harald Hasselmann
Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit des VBKI
Dirk Luthe
Vorsitzender des Ausschusses Mobilität des VBKI
Bettina Stark
Vorsitzende des Sportausschusses des VBKI
Bernd Wieczorek
Vorsitzender des Ausschusses für Kultur des VBKI