IHK Berlin
Standortfaktor Verwaltung
Das Jahr 2021 war in Berlin Pandemie- sowie Wahljahr – beide sind eng verbunden mit dem Zustand der Verwaltung. Zum einen zeigte Corona eklatante technische Missstände, zum anderen entwickelte sich die Verwaltungsmodernisierung zu einem Topthema des Wahlkampfes, in dem sich die Politik parteiübergreifend für diverse Maßnahmen aussprach, um Bürgerämter zu stärken, Zuständigkeiten zu klären und Verfahren zu optimieren. Im Wahljahr 2021 endeten somit zunächst auch die Modernisierungsprojekte des rot-rot-grünen Senats. Die Bilanz seitens der Wirtschaft fiel durchwachsen aus.
Höhere Umsetzungsgeschwindigkeit beim Zukunftspakt Verwaltung eingefordert
Im Jahr 2019 hatte der rot-rot-grüne Senat gemeinsam mit den Bezirken den Zukunftspakt Verwaltung beschlossen, ein Reformpaket, das die Leistungsfähigkeit von Senats- und Bezirksverwaltungen nachhaltig steigern sollte. Wenige Monate vor dem Ende der Legislaturperiode luden Anne-Kathrin Kuhlemann und Sebastian Stietzel, Vorsitzende des IHK-Ausschusses Wirtschaftspolitik bzw. des IHK-Kompetenzteams Mittelstand, Staatssekretär Dr. Frank Nägele zur gemeinsamen Sitzung beider Gremien ein, um nach zwei Jahren Bilanz zu ziehen.
Das Fazit des Senats aus dem Umsetzungsstand des Pakts fiel gemischt, aber tendenziell positiv aus – insbesondere beim Thema Innovationskultur sowie bei den Zielvereinbarungen zwischen Land und Bezirken habe man wichtige Meilensteine gesetzt. Die Pandemie habe allerdings an diversen Stellen Änderungen erzwungen und Projekte behindert. Auch aus Sicht der IHK-Gremien ist der Umsetzungsstand durchwachsen, auch wenn lobenswerte Schritte gegangen wurden. Die Arbeit des CityLABs hat die Verwaltung für innovative Ideen geöffnet und vernetzt sie mit Wirtschaft und Gesellschaft. Zudem hat die Pandemie Fortschritte in der technischen Ausstattung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihrer Homeoffice-Fähigkeit geradezu erzwungen. Andere Spannungsfelder wie die unklaren Zuständigkeiten zwischen Senat und Bezirken oder der eklatante Fachkräftemangel des öffentlichen Dienstes bleiben dagegen weiterhin bestehen bzw. werden sich verschärfen. Wenn die Wirkung des Zukunftspakts daher nicht verpuffen soll, müssen der nahtlose Transfer und die Fortsetzung der Reformprojekte unter dem neuen Senat gelingen. Langwierige neue Bestandsanalysen kann sich Berlin nach der Wahl nicht leisten – es muss direkt weiter umgesetzt werden.
Verwaltungsmodernisierung auf Wahlkampfagenda gesetzt
Noch bevor die Parteien mit der Entwicklung ihrer Wahlprogramme begannen, hatte die IHK Berlin ihre traditionellen Wahlprüfsteine aufgestellt, um die wichtigsten Forderungen der Berliner Wirtschaft an die Politik zu richten. Die Prüfsteine bildeten so die Grundlage für zahlreiche thematische Gesprächsreihen zwischen der Wirtschaft und den Berliner Parteien. Bereits früh zeichnete sich dabei der hohe Stellenwert der Verwaltungsmodernisierung, insbesondere der Verwaltungsdigitalisierung, ab, die sowohl in Gesprächen zwischen der IHK und den digitalpolitischen Sprechern der Fraktionen als auch im Rahmen größerer Publikumsveranstaltungen beleuchtet wurde. Letztere bildeten u. a. mit der „Wahlarena Digitalisierung & Verwaltung“, gemeinsam organisiert von IHK Berlin und VBKI, einen Höhepunkt der heißen Wahlkampfphase. Nicht jeder Dissens konnte ausgeräumt werden, doch alle Formate und Beteiligten einte die Forderung nach einer zentral verantworteten und effektiv gesteuerten Digitalpolitik, die endlich eine Verwaltungsdigitalisierung aus einem Guss ermöglicht.
Vorausschauende Personalpolitik ermöglichen
Obwohl die Berliner Verwaltung dringend Verstärkung durch neue Fachkräfte benötigt, bremsen verwaltungsinterne Rechtshürden die Gewinnung guter Köpfe. Es ist vor allem die Prägung der Sparjahre, die in der Berliner Verwaltung noch immer eine moderne Personalgewinnung blockiert, obwohl diese finanziellen Zwänge seit zehn Jahren als überwunden gelten. Der IHK-Ausschuss Wirtschaftspolitik und das IHK-Kompetenzteam Mittelstand hatten im vergangenen Herbst die Präsidentin des Berliner Rechnungshofes Karin Klingen zu Gast, um über die Personalpolitik des Landes zu sprechen. Dabei wurde deutlich, dass längst nicht alle Stellschrauben erkannt wurden. Motivierte Bewerber ziehen sich zurück, weil Berlin zum Beispiel verwaltungsrelevante Abschlüsse aus anderen Bundesländern nicht anerkennt oder Beförderungen zum Teil auf Jahre unerreichbar sind. Aus Sicht des Rechnungshofes wiege außerdem schwer, dass Berlin über keine vollständige Personalbedarfsanalyse verfüge und damit die zentrale Grundlage für eine vorausschauende Planung fehle.