IHK Berlin

Bildung, Fachkräfte und Arbeitsmarkt

Im zweiten Coronajahr waren die Entwicklungen am Arbeits- und Ausbildungsmarkt weiterhin stark dem Infektionsgeschehen unterworfen. Zwar nahm die Arbeitslosigkeit im Laufe des Jahres kontinuierlich ab und es wurden wieder mehr IHK-Ausbildungsverträge geschlossen als im ersten Krisenjahr 2020, dennoch bremsten aktuelle wirtschaftliche Wachstumsrisiken wie steigende Preise und Lieferengpässe den Aufschwung und das Angebot an Ausbildungsplätzen.

Wachstumsaussichten durch Fachkräftemangel eingetrübt

Trotz Krise sind 2021 viele neue Jobs entstanden. Allein in der Digitalwirtschaft waren es über 10.000. Insgesamt nahm die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berlin 2021 um mehr als drei Prozent zu – mehr als im Bundesdurchschnitt. Doch 2G und Co. drückten in wichtigen Phasen wie dem Weihnachtsgeschäft die Umsätze. In vielen Branchen war die Arbeitsmarktmobilität daher stark, was den Fachkräftemangel als größtes Geschäftsrisiko zusätzlich befeuerte. Auf Basis kontinuierlichen Monitorings hat die IHK deshalb Handlungsvorschläge für eine wirtschaftsfreundliche Arbeitsmarktpolitik erarbeitet und der Politik vorgelegt. Mit dem Newsletter Erfolgsfaktor Fachkräfte wurde zudem ein zusätzliches IHK-Infoangebot geschaffen, mit dem Mitgliedsunternehmen regelmäßig über Fachkräftethemen informiert werden.
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Vermittlung und Weiterentwicklung von Personal vereinfachen

Die betriebliche Weiterbildung ist ein wichtiger Hebel zur Fachkräftesicherung. Die IHK beriet in diesem Kontext die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei der Erstellung des Berichts Zukunftssichere Weiterbildung in Berlin. Auch wenn die Arbeitslosigkeit 2021 zwar von Monat zu Monat abgenommen hat, ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen gestiegen. Ende 2021 waren in Berlin über 72.000 Arbeitslose bereits länger als ein Jahr ohne Job – das sind rund doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor. Aus diesem Grund hat die IHK eine neue Systematik erarbeitet, um die Mitwirkung der Berliner Wirtschaft in den Beiräten der Berliner Jobcenter zu verbessern und eine bestmögliche Verwendung der finanziellen Mittel zur Integration in den Arbeitsmarkt zu erreichen.

Fachkräfteeinwanderung als Chance ausbauen

Rund die Hälfte der Berliner Unternehmen will laut IHK-Konjunkturumfrage Probleme mit der Stellenbesetzung durch die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland eindämmen. So hat sich auch die Anzahl der Anträge über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz beim Business Immigration Service (BIS) im Gegensatz zu 2020 wieder deutlich erhöht (von 6.694 auf 8.041). Insgesamt 969 Anträge sind 2021 im Zuge des beschleunigten Verfahrens beim BIS eingegangen. Die IHK Berlin hat mit rund 600 Beratungen zur Erwerbsmigration Unternehmen und Fachkräfte unterstützt.

Onlineaustausch zum Kulturwandel gestartet

Ob Wertewandel, Diversität oder New Leadership – die Herausforderungen für die Personalarbeit sind vielfältig. Um den Kulturwandel zur Gleichstellung in der Berliner Wirtschaft voranzubringen, startete die IHK zusammen mit der HWK und der Senatsverwaltung im Rahmen der Kampagne Gleichstellung gewinnt. Kulturwandel in Unternehmen eine Online-Eventreihe, in der Betriebe zu Themen wie Personalentwicklung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf informiert wurden.

Familienfreundlichste Unternehmen ausgezeichnet

Unternehmen brauchen Weitblick, große Empathie und passende Ideen, um Fachkräfte auf dem gemeinsamen Weg zu halten und die Balance von Beruf und Familie zu ermöglichen. Der sechste Landeswettbewerb „Unternehmen für Familie.Berlin 2021“ unter Schirmherrschaft des Regierenden Bürgermeisters ehrte vier Gewinnerunternehmen inklusive eines Sonderpreises für die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege. Aus 21 Bewerbungen wählte die Jury, zu der auch die IHK gehört, besonders vorbildliche Beispiele für eine familienfreundliche Unternehmenskultur aus.

Erste Schritte zur digitalen Schule unterstützt

54 Prozent der Unternehmen gaben in der Sommerumfrage 2021 an, dass sie unzufrieden sind mit der Berliner Schulpolitik. Aus ihrer Sicht muss die oberste Priorität die Qualität der Schulausbildung (52 Prozent) und die Digitalisierung der Schulen (30 Prozent) sein – ein klarer Auftrag aus der Wirtschaft an die Berliner Bildungspolitik. Die IHK Berlin konnte durch Gespräche mit Politik und dem Positionspapier Bildungspolitik aktuell dazu beitragen, dass die Schulen mit Hilfe einer sogenannten Whitelist aus der Bildungsverwaltung digitale Lehr- und Lernangebote schneller und sicherer nutzen können. Zudem wurde mit der Etablierung eines Staatssekretärs für Digitalisierung die Stimme der Wirtschaft gehört, dass es einen Verantwortlichen mit den notwendigen Weisungsbefugnissen benötigt, um die Digitalisierungsstrategie umzusetzen.

„Haus der kleinen Forscher“ ausgeweitet

Auch im Jahr 2021 hat sich die IHK Berlin als Netzwerk vom Haus der kleinen Forscher für frühe Bildung in den MINT-Themen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) und Bildung für nachhaltige Entwicklung eingesetzt. Insgesamt wurden rund 300 pädagogische Fachkräfte geschult und rund 95 neue Kitas, Grundschulen und Horte vom Programm begeistert. Darauf, dass es einer so großen Zahl gelungen ist, an den Fortbildungen teilzunehmen, ist die Berliner Wirtschaft sehr stolz, da die Einrichtungen in Berlin in Coronazeiten viele bürokratische und interne Angelegenheiten zu organisieren hatten.

Berufszugang nachhaltig digitalisiert

Digitalisierung dient einem guten Kundenservice und der Einsparung von Ressourcen. Die IHK Berlin bietet seit 2021 drei weitere Sach- und Fachkundeprüfungen digital an und ermöglicht nunmehr rund 4.500 Teilnehmern die Prüfung am PC. Gelungen ist auch die Umsetzung des EU-Rechts bei den Berufskraftfahrern durch die Anbindung an das Berufsqualifikationsregister für einen besseren digitalen Informationsaustausch. Der ungebrochenen Nachfrage aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen an Unterrichtungen der Sach- und Fachkunde konnte durch eine weitere Erhöhung der Teilnehmerzahl begegnet werden. Dabei wurde der Service durch die Zahlungsmöglichkeit per E-Payment verbessert. Die Gaststättenunterrichtung wird inzwischen ebenfalls digital angeboten. Optimistischen Ausblick gibt die erneute Steigerung der Registrierungen im Rahmen von Erlaubnisverfahren für gewerbliche Tätigkeit.

Mehr verlässliche Kinderbetreuung eingefordert

Durch die IHK mit initiiert hat der Berliner Beirat für Familienfragen den Parteien ein Empfehlungspapier mit familienpolitischen Schwerpunkten für die Koalitionsverhandlungen mit auf den Weg geben. Gemeinsam mit HWK und UVB sind so Kernthemen aus Wirtschaftssicht, wie u. a. die Investition in verlässliche, flexible Kinderbetreuung und deren Ausbau, die Stärkung des Einbezugs freier Träger sowie die Digitalisierung von Kitas (z. B. durch einen „DigitalPakt Kita“) eingeflossen.

Neues Erwachsenenbildungsgesetz kritisch begleitet

Anfang August 2021 ist das neue Berliner Erwachsenenbildungsgesetz in Kraft getreten, um das lebenslange Lernen zu stärken. Dessen Entstehung hat die IHK kritisch begleitet. Neben guten Elementen, wie u. a. der Aufbau bildungspolitischer Steuerungs- und Förderinstrumente sowie eines Erwachsenenbildungsbeirats, wirkt das Gesetz insgesamt noch eher unausgereift. Vor allem bezieht es nicht alle Bildungsbereiche wie die berufliche Weiterbildung (IHK-Sommerumfrage zu Weiterbildungsaktivitäten) mit ein, die Stärkung brauchen.

Betriebsnahe Angebote für Bildungszeit eingefordert

Im Prozess der Novellierung des Berliner Bildungsurlaubsgesetzes, das jetzt Bildungszeitgesetz heißt, hat die IHK-Stellungnahmen mit Empfehlungen abgegeben. Neben einer stärkeren Kommunikation sind ausgleichende Lösungen sowie flexible, betriebsnahe Angebote gefordert, die die Unternehmen und ihre Beschäftigten besser ansprechen und so größere tatsächliche und dauerhafte Anreize für mehr berufliche Fort- und Weiterbildungsaktivitäten entstehen lassen.

Berliner Unternehmen mit Bekenntnis zur dualen Ausbildung positioniert

Die IHK Berlin hat im Frühjahr eine Umfrage bei über 300 Berliner Unternehmen zum Thema „Ausbildungsmarkt der Zukunft“ durchgeführt. 97 % der Befragten benötigen betrieblich qualifizierte Fachkräfte für ihr Unternehmen. 93 % von ihnen halten die duale Ausbildung für ein zukunftsfähiges Instrument zur Fachkräftesicherung. Forderungen der Berliner Wirtschaft, die aus dieser Umfrage entstanden sind, wie die Einführung der Berufs- und Studienorientierung in allen Schulformen, Senkung von Einstiegshürden für neue Ausbildungsbetriebe und die Umsetzung einer modernen Ausstattung in den OSZ wurden in den Berliner Koalitionsvertrag aufgenommen.

Trendwende auf dem Ausbildungsmarkt erreicht

Der Ausbildungsmarkt in den IHK-Berufen zeigte insgesamt eine leichte Erholung mit einem Plus von knapp 2,5 % abgeschlossener Neuverträge gegenüber dem Vorjahr. Die Rückgänge sind dabei weitgehend auf die besonders betroffenen Branchen wie Tourismus, Hotellerie und Gastronomie zurückzuführen. Auf der anderen Seite haben auch 850 Unternehmen sich erstmals zum Thema Ausbildung beraten lassen. Ihnen hat die IHK Berlin mit dem neuen Format „Startschuss Ausbildung“ eine Plattform für Information und Vernetzung geboten.

Weg ins „New Normal“ der dualen Ausbildung begleitet

Innerhalb der bestehenden Ausbildungsverhältnisse wurde in der Krise an der Zukunft gearbeitet. Im Frühjahr gaben mehr als 50 % von über 750 Unternehmen an, dass sie ihre Azubis sowohl im Unternehmen als auch im mobilen Office ausbilden. Diese Entwicklung unterstützte die IHK durch persönliche Beratungen, Impulspapiere sowie Informations- und Netzwerkveranstaltungen, in denen Berliner Ausbildungsbetriebe ihren Weg in ein New Normal der dualen Ausbildung präsentierten.