Corona Aktuell

Bedarfslücken bringen Betriebe an den Belastungsrand, Teil 1

In der aktuellen IHK-Konjunkturumfrage vom Jahresbeginn 2021 nennen 34 Prozent der Berliner Unternehmen mit Blick auf die negativen finanziellen Auswirkungen der Corona-Pandemie den Eigenkapitalrückgang als das Hauptproblem. Maßgeblich zur Kapitalstärkung sind aktuell die direkten Zuschussprogramme von Überbrückungshilfe I bis III, die November- und Dezemberhilfe wie auch die unterschiedlichen Landes-Soforthilfen. Trotz dieser umfangreichen Programme bleiben auch ein Jahr nach dem ersten Lockdown Bedarfslücken bestehen, die die Betriebe vor immense Herausforderungen stellen. In Teil 1 werfen wir einen Blick auf die gesamtwirtschaftlichen Bedarfslücken und in Teil 2 auf die branchenspezifischeren Bedarfe.

Es gilt, keine Zeit zu verlieren, die Politik muss jetzt handeln! Die Vorschläge der IHK:

Härtefallregelungen und Einzelfallbetrachtung für betroffene Unternehmen, die bislang durch das Förderraster fallen (z.B. neugegründete Unternehmen, die keine ausreichenden Vergleichsumsätze vorweisen können) sollten ausgeweitet werden, genauso sollte eine stärkere Berücksichtigung von Unternehmen, die keine hohen betrieblichen Fixkosten aufweisen (vor allem Solo-Selbständige) erfolgen. Auch die Referenzmonatsbetrachtung bei Bestandsunternehmen sollte nicht zu deren Nachteil ausgelegt werden. 
Nachrangdarlehen wie z.B. das KfW-Programm „ERP-Mezzanine für Innovation“ sollten für den kleinen Mittelstand zugänglich gemacht werden. Auch die Zugangskriterien zum KfW-Programm „ERP-Kapital für Gründer“ sollten praxisnah gestaltet werden
Die Einrichtung eines speziellen Corona-Beteiligungsfonds für Unternehmen mit mehr als 50 und bis zu 250 Mitarbeitern durch das Land Berlin sollte erfolgen. Danach sollen system- und standortrelevante Unternehmen mit einem Beteiligungsvolumen von min. 800.000 Euro gestützt werden. Eine Co-Beteiligung der Privatwirtschaft ist dabei möglich.
Gerade den Kleinstbetrieben sollte im Bürokratiedschungel der Corona Hilfen geholfen werden, hier wäre ein offizieller Pool von qualifizierten Beratern hilfreich. Genauso ist es jetzt geboten, die bürokratischen Anforderungen bei den Hilfsprogrammen zu entschlacken.

Referenzmonate in der Überbrückungshilfe III benachteiligen Bestandsunternehmen

Zur Antragsberechnung wird bei der Überbrückungshilfe III eine unterschiedliche Referenzmonatsbetrachtung herangezogen. Positiv ist, dass bei Unternehmen, die zwischen dem 1.01.2019 und 30.04.2020 gegründet wurden, Vergleichsmonate wahlweise wie folgt herangezogen werden können: 
  • Durchschnittlicher monatlichen Umsatz des Jahres 2019
  • Durchschnittlicher Monatsumsatz der beiden Vorkrisenmonate Januar und Februar 2020
  • Durchschnittlicher Monatsumsatz in den Monaten Juni bis September 2020
  • Alternativ können diese Unternehmen bei der Ermittlung des notwendigen Referenzumsatzes auf den monatlichen Durchschnittswert des geschätzten Jahresumsatzes 2020, der bei der erstmaligen steuerlichen Erfassung beim zuständigen Finanzamt im „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ angegeben wurde, abstellen.
Bei Unternehmen, die vor dem 1.01.2019 gegründet wurden, bemisst sich die Förderhöhe dagegen ausschließlich nach den Umsatzeinbrüchen der Fördermonate im Verhältnis zu den jeweiligen Vergleichsmonaten im Jahr 2019. Unberücksichtigt bleibt hierbei beispielsweise eine Betriebserweiterung im Jahr 2019 oder aber, wenn im Referenzjahr eine temporäre Betriebsschließung aufgrund von größeren Umbaumaßnahmen erfolgen musste. So können bei länger bestehenden Unternehmen durchaus die Vorkrisenmonate Januar- und Februarumsatz 2020 höher ausfallen als die entsprechenden Monate im Jahr 2019. Gleiches gilt für die Referenzmonate Juni bis September 2020. Der Umsatzeinbruch und damit ggf. die Förderhöhe fallen daher aufgrund der Berechnung auf Basis der Umsätze 2019 geringer aus, als es auf Basis der Umsätze von 2020 ggf. der Fall wäre.

Corona Hilfen im Bereich der Startups bleiben einem kleinen Kreis vorbehalten

Die „Corona Hilfen für Start-ups“ der Investitionsbank Berlin bieten öffentliches Wagniskapital in Höhe von maximal 800.000 EUR je Unternehmen bzw. Unternehmensgruppe. Nach Stand Anfang Februar 2021 wurden über die unterschiedlichen drei Finanzierungswege insgesamt 134 Startups unterstützt. Aus dieser Zahl wird bereits deutlich, dass es sich hierbei keinesfalls um eine Breitenförderung handelt, sondern um ausgesuchte hochtechnologische Startups, die das Potenzial einer überdurchschnittlichen Skalierbarkeit und erhebliches Wachstumspotenzial haben. Auch die Akkreditierung eines privaten Kapitalgebers (Intermediär) erfolgt nur, wenn dieser zumindest in der Lage ist, vier weitere Startups bis zum Programmende zu begleiten. So haben Startups das Nachsehen, deren Intermediär sich ausschließlich auf ihr Unternehmen konzentriert und keine weiteren Betriebe finanziert. Außerdem berichten Startups aus der Gründungsphase, dass es ihnen aktuell grundsätzlich Schwierigkeiten bereitet, private Kapitalgeber zu finden. 

Neugegründete Betriebe sowie Selbstständige im Nebenerwerb bleiben in der aktuellen Förderkulisse unberücksichtigt

Laut dem Statistischen Landesamt wurden seit dem 1.05.2020 insgesamt 22.243 neue Gewerbe in Berlin gegründet. Auch in Hinblick auf die leichte konjunkturelle Erholung im vergangenen Sommer schöpften Gründerinnen und Gründer die Hoffnung, mit ihrem Business erfolgreich zu sein. Mit den Auswirkungen des erneuten Lockdowns ab dem 29.10.2020 wurden diese Erwartungen zunichtegemacht.  Gleichzeitig sind Betriebe bei der Überbrückungshilfe III nur antragsberechtigt, wenn die Gründung bis zum 30.04.2020 erfolgt ist. Bei der November- bzw. Dezemberhilfe wird auf den 30.09.2020 abgestellt, allerdings muss hier beachtet werden, dass es sich bei der November- und Dezemberhilfe um eine Umsatzerstattung handelt. Kann das neu gegründete Unternehmen keine Umsätze vorweisen, auch wenn bereits Investitionen unter der Annahme von zukünftigen Umsätzen getätigt wurden, gehen diese Betriebe leer aus. Von vornherein von den Kompensationsleistungen ausgeschlossen sind, unabhängig vom Gründungsdatum, alle Freiberufler oder Soloselbstständige, die ihr Geschäft im Nebenerwerb ohne Beschäftigte verfolgen

IHK Service für Betriebe

Die IHK Berlin informiert auf ihrer Website sowie über den Corona Newsletter über aktuelle Hilfsprogramme und veranstaltet gemeinsam mit Partnern digitale Informationsveranstaltungen. Bei Fragen rund um Corona-Themen können sich Betriebe ebenfalls per E-Mail und Telefon beraten lassen. (www.ihk-berlin.de/corona)