IHK-Position
Mietendeckel
Der Mietendeckel verschärft die Probleme des Berliner Wohnungsmarktes!
Position der IHK Berlin
Am 18. Juni 2019 wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen ein Eckpunktepapier über die Einführung eines Mietendeckels vorgestellt. Neben den bereits existierenden Milieuschutzgebieten und der Mietpreisbremse, würde der Mietendeckel die schwerwiegendsten Folgen für den Berliner Wohnungsmarkt haben, ohne aber dessen strukturelle Probleme zu lösen. Die IHK Berlin positioniert sich klar gegen einen Mietendeckel. Er entlastet den Wohnungsmarkt nicht und führt zu weniger Investitionen.
Mietrecht in Bundeshand
Es ist sehr umstritten, ob das Land Berlin überhaupt ein Mietendeckelgesetz erlassen darf. Denn das Mietrecht wird auf Bundesebene für ganz Deutschland einheitlich geregelt. Die IHK Berlin ist der Ansicht, dass der Bundesgesetzgeber mit der Mietpreisbremse eine erschöpfende Regelung für die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn getroffen hat. Für die Länder gibt es somit grundsätzlich keinen Spielraum für eine eigene gesetzliche Regelung. Einzig für den öffentlich geförderten Wohnraum könnte an eine gesetzliche Mietpreisbindung gedacht werden, wobei diese faktisch in vielen Ländern schon existiert. Für Wohnungen, die am freien Markt vorhanden sind, gelten jedoch ausschließlich die Regeln im BGB. Rechtlich würde der Mietendeckel auf wackeligen Füßen stehen. Die Folge: Gerichtliche Verfahren, die den Mietendeckel wieder kassieren könnten.
Investitionen werden gehemmt
Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften schaffen es nicht den Wohnungsbedarf zu decken. Der StEP Wohnen 2030 beziffert den jährlichen Neubaubedarf für die Jahre 2017-2021 auf 20.000 Wohnungen pro Jahr. Diese ambitionierten Zahlen konnten schon 2018, mit 14.463 neuen Wohnungen, nicht gehalten werden. Das Land Berlin ist also mehr als je zuvor auf private Investitionen in den Wohnungsneubau angewiesen, wenn es seine Ziele erreichen möchte. Für die Wohnungswirtschaft ist der Mietendeckel allerdings ein abschreckendes Zeichen und viele Unternehmen werden ihre Investitionen einstellen oder zumindest nochmals überdenken. Denn auch wenn Neubauten zunächst von einem Mietendeckel ausgeschlossen sein sollen, so entzieht er allen Bauvorhaben die wirtschaftliche Planungssicherheit. Private Bauunternehmen sind auf rentable Geschäfte angewiesen, die mit einem Mietendeckel nicht zu realisieren sind. Kommunale und private Wohnungsbaugenossenschaften haben bereits angekündigt, dass geplante Investitionen mit einem Mietendeckel nicht mehr finanzierbar seien. Hinzu kommen weitere Ausnahme- und Genehmigungsregeln, die nicht nur die Verwaltungen belasten, sondern auch wichtige Kapazitäten binden.
Undifferenzierte Regelung
Die undifferenzierte Gleichbehandlung aller Vermieter ist ungerecht. Insbesondere Vermieter die nur moderate Mieterhöhungen in den letzten Jahren verlangten würden die Leidtragenden sein. Wenn auch moderate Mietsteigerungen nicht mehr möglich sind, werden sich Reparatur- und Instandhaltungsmaßnahmen als Minusgeschäft herausstellen. Dass Immobilien für viele private Rentenversicherungen als Investitionsobjekt und für Privatleute als Altersvorsorge dienen, lässt den Kreis der Betroffenen noch signifikant steigen. Die negativen Folgen sind kaum abschätzbar.
Fakten gegen den Mietendeckel
Neben den offenen Fragen zur Zuständigkeit in der Gesetzgebungskompetenz und einer noch stärkeren Belastung der Verwaltung durch die Prüfung von Ausnahmeregelungen, wirkt der Mietendeckel auch als knallharte Investitionsbremse. Das alles lenkt von der eigentlichen Großbaustelle ab: Nämlich dem Schaffen neuen Wohnraums. Hier finden Sie Fakten und Argumente, die gegen einen Mietendeckel sprechen.
Der Mietendeckel ist ungerecht und verhindert Investitionen
- Private Vermieter, insbesondere Wohnungsbaugenossenschaften, die für moderate Mieten stehen, können geplante Investitionen nicht mehr realisieren. Dies hätte zur Folge, dass weitere Wohnungen – ausgerechnet im Segment für Geringverdiener und Mittelstand – fehlen würden.
- Die Kosten für Instandhaltung und Reparatur können nicht refinanziert werden. Die Folge: Notwendige und auch politisch gewünschte Investitionen wie z.B. in die Energieeffizienz, oder der Umbau zum altersgerechten Wohnen werden ausbleiben.
- Auch die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften werden eigenwirtschaftlich weniger investieren können. Zusätzlich benötigtes Geld muss aus dem Landeshaushalt oder durch höhere Verschuldung bereitgestellt werden.
- Die undifferenzierte Gleichbehandlung aller Vermieter und Mieter ist ungerecht und spiegelt nicht die unterschiedlichen Mietenniveaus und Entwicklungen der letzten Jahre in Berlin wieder.
- Wenn mit Immobilien in Berlin künftig keine Rendite mehr erwirtschaftet werden darf, wird dies auch negative Konsequenzen für die Altersvorsorge von Eigentümern und allen Menschen mit privater Altersvorsorge haben, deren Versicherer, gerade mit dem Ziel einer sicheren und langfristigen Geldanlage, in den Wohnungsmarkt investiert haben.
- Ein Mietendeckel würde zu einer Verstärkung der Mietpreisunterschiede zwischen Bestandsmieten und Neubaumieten führen und insbesondere Leute treffen, die aktuell keine Wohnung haben und auf Neubauten angewiesen sind. Die steigenden Kosten bei der Mietpreisentwicklung würden einzig die Mieter in Neubauten zu tragen haben.
- Aktuell sollen Neubauten zwar vom Mietendeckel ausgenommen werden, fraglich ist jedoch bis zu welchem Zeitpunkt nach Fertigstellung ein Gebäude als Neubau eingestuft wird und der Mietendeckel noch nicht greifen würde. Investoren brauchen hier Planungssicherheit. Der Finanzierungszyklus eines Wohngebäudes über eine Fremdfinanzierung läuft üblicherweise zwischen 25-30 Jahren.
- Die Wirtschaftlichkeit als Grundlage privater Bautätigkeit muss anerkannt bleiben, damit neuer Wohnraum entstehen kann. Der Mietendeckel könnte gerade Privatbesitzer zu Wohnungsverkäufen anreizen, um sich nicht zu vielen Regulierungen aussetzen zu müssen.
- Durch fehlende Investitionen wird die Gebäudesubstanz vernachlässigt und der Wohnkomfort sinkt. Wer also de facto Investitionen in die Substanz unrentabel macht, leistet dem schleichenden Verfall Vorschub.
- Durch den Mietendeckel wird kein Quadratmeter neuer Wohnraum geschaffen. Zusätzlich war die Erteilung von Baugenehmigungen für neue Wohngebäude im Jahr 2018 bereits rückläufig. Dieser Trend dürfte sich durch eine steigende Unrentabilität und Planungsunsicherheit mit einem Mietendeckel verstärken.
- Die Objektförderung im sozialen Wohnungsbau, entzieht dem Wohnungsmarkt Wohnungen und verengt das Angebot im freien Markt. Die Subjektförderung stellt die bessere Alternative dar.
Berlin fehlt die Gesetzgebungskompetenz für einen Mietendeckel
- Dem Bund steht grundsätzlich die Gesetzgebungskompetenz für das Mietrecht und der damit verbundenen Regelungsinstrumente zu. Mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz wurde 2015 vom Bund die Mietpreisbremse eingeführt. Sie wird als abschließende Regelung auf dem Gebiet des Mietpreisrechts angesehen und bietet keinen Raum für eine zusätzliche Regelung.
- Nur im Bereich des sozialen Wohnungsbaus kann der Landesgesetzgeber überhaupt zusätzliche Regelungen zur Mietpreisbindung einführen. Wohnungen auf dem freien Markt sind davon allerdings ausgeschlossen.
- Unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit ist die Mietpreisbremse das mildere Mittel zur Steuerung des Mietenniveaus, als ein Mietendeckel.
- Der Berliner Mietspiegel, der eine objektive Orientierung über die Mietpreise und deren Entwicklungen in den Quartieren darstellt, würde de facto außer Kraft gesetzt werden.
- Es ist unseres Erachtens nach unverantwortlich, ein Gesetz mit einer enormen Tragweite für die Berliner Wirtschaft und die Bevölkerung zu beschließen, welches auf einer sehr zweifelhaften rechtlichen Grundlage basiert. Als Analogie für vorschnelle politische Gesetzesinitiativen die juristischen Überprüfungen nicht standhalten, sei hier auf das aktuelle Urteil des BGH vom 19. Juli 2019 (VIII ZR130/18) verwiesen, in dem der erste Entwurf der hessischen Mietpreisbremse nach mehreren Jahren gekippt wurde.
Schulterschluss zwischen Politik und Bauwirtschaft
- Rund 80 Prozent der fertiggestellten Wohnungen in Berlin im Jahr 2018, wurden von privaten Wohnungsbaugenossenschaften und Bauunternehmen fertiggestellt. Die Realisierung der von der Politik anvisierten 20.000 neuen Wohnungen jährlich, kann nur gemeinsam mit der Privatwirtschaft geschehen.
- Der Mietendeckel führt durch Genehmigungsvorbehalte zu einer zusätzlichen Belastung der Ämter und der Beschäftigten. Zielführender wäre die Konzentration der personellen und finanziellen Ressourcen auf die Ausweisung neuen Baulands und die Fertigstellung von Bauprojekten.
- Die Siedlungsachsen müssen gestärkt und die dort noch vorhandenen Flächen müssen durch Investitionen in den ÖPNV erschlossen werden.
- Die Landesbauordnung muss wieder vereinfacht werden, um neue Konzepte für den Wohnungsbau zu ermöglichen.
- Wir brauchen einen Schulterschluss zwischen Politik und Bauwirtschaft, um den Wohnungsneubau gemeinsam anzukurbeln.
Stellungnahme zum Mietendeckel Gesetzesentwurf
Auf dieser Seite finden Sie Auszüge unserer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf zum Mietendeckel. Die komplette Version steht Ihnen zum Download zur Verfügung.
Keine klare Gesetzgebungskompetenz
Die in der Gesetzesbegründung herangezogene Gesetzgebungsbefugnis für das Land Berlin zum Erlass des geplanten Gesetzes aus Artikel 70 Abs. 1 GG bezweifeln wir. Zum einen stellt das Mietpreisrecht, als Teil des sogenannten sozialen Mietrechts, traditionell eine Materie des bürgerlichen Rechts dar,[1] zum anderen wird aus der Gesetzesbegründung nicht eindeutig klar, warum nicht auch das vorliegende geplante Gesetz unter den Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG und damit in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen soll. In der aktuellen Begründung wird recht pauschal behauptet, dass es eine Gesetzgebungsbefugnis für ein öffentlich-rechtliches Mietpreisrecht gäbe und dieses unter eine Landeskompetenz fallen würde. Bei dieser sehr umstrittenen Frage muss vom Gesetzgeber genauer begründet werden, wie genau die Kompetenz zur Gesetzgebung in diesem Fall ausgestaltet ist. Denn zumindest das Mietrechtsnovellierungsgesetz, durch das die Mietpreisbremse eingeführt wurde und welches ebenfalls Regelungen über die Mietpreishöhe betrifft, wurde durch den Bundesgesetzgeber erlassen. Es könnte auch argumentiert werden, dass eine Kompetenz auf der Grundlage des Wohnungswesens nur für den sozialen Wohnungsbau Anwendung finden kann und die Wohnungen am freien Markt nicht darunterfallen. Generell ist anzumerken, dass nicht erkennbar wird, wie das Verhältnis zwischen Mietpreisregelungen im BGB und dem Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin sein soll. Nicht klar ist, ob etwa die bundesrechtliche Mietpreisbremse außer Kraft gesetzt wird und ob Mieterhöhungen, die nach Modernisierungsmaßnahmen nach dem BGB erlaubt wären, schlicht verboten werden sollen. Aus unserer Sicht verstößt ein landesrechtlicher Mietendeckel gegen höherrangiges Bundesrecht.
Der Mietendeckel ist eine Investitionsbremse
Der Mietendeckel löst keines der strukturellen Probleme des Berliner Wohnungsmarkts. Es wird versucht, das Symptom steigender Mieten zu regeln, anstatt die Ursache, nämlich den Wohnungsmangel, zu bekämpfen. Viele IHK Mitgliedsunternehmen haben uns bereits mitgeteilt, dass sie ihre Investitionen in den Wohnungsbau und in den Wohnungsbestand reduzieren werden. Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass rund 80 Prozent des Wohnungsneubaus in Berlin durch die Privatwirtschaft erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass, falls der Mietendeckel käme, die Bautätigkeit dieser Unternehmen in den nächsten Jahren sinken wird und der Wohnungsmangel sich dadurch noch verstärken würde. Nach einer von der IHK durchgeführten repräsentativen Umfrage zum Mietendeckel gab die große Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen aller Branchen an, dass dieser ihre Geschäftstätigkeit negativ beeinflussen würde. Rund die Hälfte der Teilnehmer gab an, selbst Wohnungen zu vermieten. Für kleine und mittelständische Unternehmer spielen Investitionen in den Wohnungsbestand eine elementare Rolle für die private Altersvorsorge. Ein Mietendeckel würde zu einer Abwertung der Grundstücke und Gebäude führen und würde dementsprechend die Altersvorsorge der Unternehmer massiv gefährden. Der Effekt der Abwertung wird auch die Finanzierung von Immobilien stark beeinflussen und in der Konsequenz dazu führen, dass Unternehmen zusätzliches Eigenkapital für laufende Kredite und Investitionen hinterlegen müssen.
Der Mietendeckel ist unsozial und klimaschädlich
Dass das Baujahr der Wohnung als einziges Kriterium für die Einordnung der anzuwendenden Mietobergrenze gelten soll, entbehrt jeglicher Logik und wird den Mieten- und Wohnungsstrukturen in den Berliner Bezirken nicht gerecht. Eine Gleichbehandlung Aller führt nicht zu mehr Gerechtigkeit. Da durch den Mietendeckel der Mietenspiegel aufgehoben würde, gäbe es keine valide Vergleichsmöglichkeit der Mieten mehr. Somit werden Marktmechanismen außer Kraft gesetzt und Besserverdiener, die sich höhere Mieten leisten können und in durchrenovierten Wohnungen wohnen, profitieren am stärksten von dem Mietendeckel. Am stärksten belastet würden wiederum Vermieter, die normale Renovierungen durchgeführt haben und durchschnittliche Mieten verlangen.
Der Mietendeckel bremst zusätzlich die Erreichung der Klimaschutzziele Berlins. Rund 50 Prozent der Berliner CO₂-Emissionen stammen aus dem Gebäudesektor. Die vorgeschlagenen zulässigen Mieterhöhungen für Modernisierungen sind nicht ausreichend und bilden keinen Anreiz für Investitionen in energetische Wohnungssanierungen.
Der Mietendeckel produziert eine immense Bürokratie
Die Aufgabenübertragung an die Bezirksämter und die IBB wird diese noch mehr belasten und die dort gebundenen Ressourcen werden an anderer Stelle noch mehr Lücken reißen.
Dass über die Anträge, für eine Erhöhung der Miete nach Modernisierungen, innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung durch das Bezirksamt entschieden werden soll, spiegelt nicht die Realität von Bearbeitungszeiten in den Bezirksämtern wider und ist daher völlig unrealistisch.
Viel zielführender für die Entlastung des Berliner Wohnungsmarktes wäre es, wenn Baugenehmigungen innerhalb dieser Frist beschieden würden.
Weitere Informationen finden Sie in unserer Stellungnahme im Download.