Techhauptstadt bedeutet exzellente Forschung und digitale Innovationen made in Berlin. Als Start-up-Metropole mit exzellenten Hochschulen und Forschungseinrichtungen hat Berlin das Potenzial, zu einem der führenden Standorte für digitale Innovationen und disruptive Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) oder Quantentechnologie zu werden.
Ziel aller Stakeholder – Politik, Wissenschaft und Wirtschaft – muss sein, gemeinsam diese Expertise in die wirtschaftliche Anwendung zu überführen. Berlin leistet damit einen wichtigen Beitrag zum deutschen und europäischen Innovationsökosystem im globalen Wettbewerb um Schlüsseltechnologien.
14 % der Berliner Unternehmen nutzen bereits KI. 25 % planen den Einsatz von KI in den nächsten drei Jahren. (Quelle: IHK-Digitalisierungsumfrage)
Das Berliner KI-Ökosystem hat in den letzten Jahren einen Boost erfahren, sowohl dank starker privatwirtschaftlicher Initiativen zur Förderung von Start-ups als auch durch neue staatlich geförderte Forschungszentren.
KI-Transfer und internationales Branding stärken
Zurzeit fehlt es jedoch an einer strategischen Verzahnung der Akteure. Der Anspruch muss sein, den KI-Standort Berlin mit seinen individuellen Stärken als klar definierte internationale Marke zu etablieren. Außerdem müssen die Nutzungspotenziale von KI bestmöglich erschlossen und in die Anwendung gebracht werden.
Der im Koalitionsvertrag angekündigte KI-Hub wird hier keinen Mehrwert bieten. Statt mit den überschaubaren Mitteln eine weitere Doppelstruktur im ohnehin dichten Feld der landesgeförderten Digitalakteure zu schaffen, sollten Transfer und Vernetzung primär beim K.I.E.Z. verortet sein; Branding und Marketing des KI-Standortes Berlin an Berlin Partner fallen.
Auch bei der finanziellen Förderung von KI-Innovationen muss Berlin nachlegen. Während andere Bundesländer ihre KI-Strategien mit Fördermitteln im Millionenbereich untermauern, verlässt sich Berlin zu stark auf seine noch vorhandene Strahlkraft und den Zufluss von Bundes- und EU-Mitteln.
Finanzielle Förderung aufstocken
Angesehene Berliner Initiativen wie das K.I.E.Z. oder BIFOLD müssen deutlich gestärkt werden und langfristige Planungssicherheit durch eine Übernahme und Verstetigung der Förderung durch das Land erhalten.
Zudem ist eine Erweiterung des Portfolios der IBB Ventures um ein eigenes Programm zur Beteiligung an und Unterstützung von KI-Innovationen aus der Hauptstadt zu prüfen.
Während KI aktuell den öffentlichen Diskurs dominiert, bieten Innovationen in der Quantentechnologie ähnlich großes Wirtschafts- und Disruptionspotenzial – allerdings noch mit deutlich längerem Entwicklungshorizont. Dabei sind die Schnittmengen zu KI, Foundation Models und Hochleistungsrechnern groß.
Doch neben der Entwicklung von Software und Computing-Modellen fußt Quantentechnologie auf einer ebenso bedeutenden Hardwarekomponente. Berlin und Brandenburg verfügen hier dank jahrzehntelanger Expertise im Bereich Sensorik, Optik und Photonik über ein starkes Fundament. Auch in der Quantenkryptographie und IT-Sicherheit gibt es in Berlin große Kompetenz.
Berlin Quantum Alliance mit Leben füllen
Um diese Stärken gezielt auszuspielen und Berlin zu einem internationalen Hotspot für Quantentechnologie zu entwickeln, braucht es auch hier langfristige Planungssicherheit, eine angemessene Finanzierung in zweistelliger Millionenhöhe und eine starke Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft. Der Senat muss die Berlin Quantum Alliance (BQA) mehrere Legislaturen übergreifend mit Leben füllen und sicherstellen, dass die entstandene Expertise gebunden, weltweit beworben und für Investoren erschlossen wird.
Um Grundlagenforschung und wissenschaftliche Exzellenz in die Anwendung zu bringen, müssen Start-ups und Technologietransfer gezielt gefördert werden. Angesichts der für Berlin typischen mittelständischen Wirtschaftsstruktur müssen die Transferpfade niedrigschwellig auf die begrenzten Ressourcen der Unternehmen ausgerichtet sein, damit die Stadt auch von den hier gewonnenen Forschungsergebnissen selbst profitieren kann.
Wirtschaft und Wissenschaft besser vernetzen
Hierbei helfen KMU-Büros als proaktive Schnittstelle zwischen Hochschulen und Wirtschaft. Eine Neuauflage des „Berliner Wegs“ zur finanziellen und organisatorischen Förderung von Transferprojekten zwischen Forschungseinrichtungen und einem Verbund von KMU könnte wichtige Brücken schlagen und eine Vielzahl von Use Cases in der Wirtschaft generieren. Dazu muss die Politik verstärkt auf Reallabore setzen, damit die Potenziale und Risiken disruptiver Innovationen erprobt und auch deren Akzeptanz in der Gesellschaft erhöht werden können.
Hinter nahezu allen digitalen Innovationen stehen physische Hochtechnologien. Der globale Markt um Halbleiter, seltene Erden und Mikrochips ist hart umkämpft. Gemeinsam mit der Bundesregierung und der EU muss sich das Land dafür einsetzen, dass Berliner Anbieter von Schlüsseltechnologien im internationalen Wettbewerb gestärkt werden.
Industrie und Hardwareproduktion sichern
Dazu müssen einerseits eigene Kompetenzen und Produktionskapazitäten aufgebaut sowie Lieferketten diversifiziert und resilienter gestaltet werden. Außerdem sollten innovative und effizientere industrielle Produktionsverfahren wie additive Verfahren oder Lasercutting sowie Ansätze zur ressourcenschonenden, zirkulären Produktion gefördert werden.
Das globale Innovationsgeschehen ist schnelllebig; die Grenzen zwischen Technologien häufig fließend. Damit sich der Standort Berlin weltweit in der Spitze festsetzen kann, müssen Trends und Potenziale frühzeitig identifiziert und das Berliner Innovationsökosystems entsprechend ausgerichtet werden.
Jährliches Technologiesymposium ausrichten
Hierfür müssen führende Köpfe aus Wirtschaft und Wissenschaft in strategisch wichtigen Technologiefeldern von der Politik konsultiert werden, zum Beispiel in Form eines Technologiesymposiums.
STIMMEN AUS DER BERLINER WIRTSCHAFT
„Die Bandbreite der Meinungen über KI reicht von ‚overhyped‘ über ‚Allheilmittel‘ bis hin zu ‚Ende der Menschheit‘. Umso wichtiger ist es, vollen Einsatz zu zeigen, um das bestmögliche Szenario mit dieser bahnbrechenden Technologie zu erreichen! Ich wünsche mir eine klare Vision seitens der politischen Akteure, wie wir Berlin zum Motor dieser Entwicklung machen. Mit einem Mix aus unbedingtem Willen, Mut, Augenmaß, Schnelligkeit und entsprechenden Ressourcen können wir mitgestalten, statt lediglich Trittbrettfahrer zu sein.“