IHK Berlin

New Work und Arbeitszeitmodelle

Dass Prozesse digital und nicht mehr analog ablaufen, spielt in vielen Unternehmen längst eine große Rolle. Die Corona-Krise war zusätzlich ein „Prüflabor“ für die Möglichkeiten des digitalen und flexibleren Arbeitens – der Begriff „New Work“ oder auch „New Normal“ macht die Runde. Neuen Arbeitszeitmodelle sind dabei auch ein wichtiger Erfolgsfaktor im Wettbewerb um Fachkräfte, denn sie steigern die Attraktivität von Arbeitgebern.
Eines haben erste Untersuchungen schon gezeigt: Es wurde in den letzten Jahren unter diesen Voraussetzungen nicht weniger, sondern tendenziell eher mehr gearbeitet. Beispielsweise haben Forscher der Harvard Business School und der New York University die E-Mail-Kommunikation von drei Mio. Homeoffice-Arbeitenden ausgewertet und herausgefunden, dass diese im Schnitt eine Stunde länger gearbeitet haben als im Büro.

Was ist New Work?

New Work beschreibt den strukturellen Wandel in unserer Arbeitswelt – bedingt durch die Digitalisierung und die veränderten Anforderungen und Bedürfnisse jüngerer Generationen. Für viele Unternehmen bedeutet New Work ein vollkommen neues Mindset.
Unsere bisherigen Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass Firmen für die Zukunft dauerhaft mehr Homeoffice nutzen wollen. Und auch Neulinge unter den Beschäftigten möchten mehrheitlich diese Arbeitsform fortführen. Durch Corona ist also ein Kulturwandel angestoßen. Hierbei sollten Unternehmen folgende Dinge beachten: Es bedarf passender Werkzeuge u. Infrastrukturen, Kenntnis/Know-how über die Nutzung dieser Infrastrukturen und eine entsprechende Unternehmens- bzw. Führungskultur.
Wichtig für funktionierendes Homeoffice sind daher vor allem: Vertrauen, Ergebnisorientierung u. Toleranz.

Hybride Arbeitsmodelle

Berliner Unternehmen befürworten nach einer Befragung aus dem Sommer 2021 überdurchschnittlich hybride Arbeitsmodelle. Es ist also davon auszugehen, dass in Zukunft reale und digitale Arbeitsräume noch stärker verschmelzen werden.
Die Herausforderung hybriden Arbeitens ist es, Gleichwertigkeit herzustellen zwischen physischer und digitaler Präsenz.
Das bedeutet, dass Beschäftigte auch digital an einem analogen Meeting problemlos teilnehmen können. Mitarbeitende sind in der Regel dann am glücklichsten, wenn sie eine „echte Wahl“ über den Arbeitsort haben. Dafür braucht es ein gutes Zusammenspiel zwischen digitalem und analogem Arbeiten.
In den meisten Firmen wird das Büro als zentraler Arbeitsort bleiben. Es wird aber in Zukunft über Themen wie Ergonomie und Arbeitsplatzsicherheit hinausgehen. Das Büro kann stärker denn je zum Begegnungsort werden, wo Zusammenarbeit gelebt und zelebriert wird. Arbeitgeber sollten es also stärker als „Kultort“ verstehen, der aufgrund seiner Ausstattung, aufgrund der dort anwesenden Personen und aufgrund räumlicher Anreize so attraktiv ist, dass Mitarbeiter gerne dorthin fahren.

Schutz und Qualität am Arbeitsplatz

Die Digitalisierung der Arbeitswelt ist komplex, fordert uns und benötigt Zeit in der Umsetzung. Es zeigt sich zudem, wie schwierig eine Anpassung insbesondere an die bestehenden rechtlichen Regelungen ist. Was den Schutz von Mitarbeitern gewährleistet, macht mancherorts die Umsetzung einer neuen, von vielen als sehr positiv erfahrenen Arbeitsmethode schwerer. Folgende Fragen stehen mitunter im Raum:
  • Wie flexibel darf Arbeitszeit sein?
  • Erfüllt ein Arbeitsplatz Zuhause die Anforderungen der gesetzlichen Vorschriften?
  • Was ist der Unterschied zwischen Homeoffice und mobilem Arbeiten? Rechtssicherheit bezüglich Arbeitsschutz, -gesundheit und -zeit sind nötig.
In vielen Fällen steht die (digitale) Arbeitsrealität jedoch nicht mehr im Einklang mit der geltenden Gesetzgebung.
Hier finden Sie daher eine Übersicht der Regelungen und Rahmenbedingungen im Kontext von New Work der Bertelsmann Stiftung, die für Sie als Arbeitgeber wichtig sind.

Arbeitszeit im New Normal

Das Thema Flexibilisierung der Arbeitszeit ist nicht neu. Allerdings: Je mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit möglich ist, umso höher ist auch das Risiko der Entgrenzung und sogar Überforderung von Mitarbeitern. Aus diesem Grund gibt es klare Regelungen über den Zeitrahmen von Arbeit und Ruhephasen, die dem Arbeitnehmerschutz dienen. Allerdings schränken diese Regelungen gleichzeitig die Flexibilität stark ein. Um dennoch etwas mehr Flexibilität im Rahmen des geltenden Rechts einräumen zu können, gibt es beispielsweise das Modell der Vertrauensarbeitszeit.
Bei der Vertrauensarbeitszeit erfüllt der Mitarbeiter seine vertragliche Arbeitszeit selbstständig und eigenverantwortlich, während der Arbeitgeber auf die Kontrolle der Arbeitszeit und auch eine Zeiterfassung verzichtet.

Aktuelle Rechtsprechung zur Zeiterfassung

Der EuGH hat zur Erfassung von Arbeitszeiten entschieden, dass „ein objektives, verlässliches und zugängliches System einzuführen [ist], mit dem die von einem jeden Arbeitnehmer geleistete tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann“. Ob das Konzept der Vertrauensarbeitszeit vor dem Hintergrund der EuGH-Entscheidung allerdings noch eine Zukunft haben wird, ist völlig offen. Denn wenn jede Minute geleisteter Arbeit aufgezeichnet werden muss, werden an die Stelle des Vertrauens die Dokumentation und die Kontrolle treten. Die Entscheidung lässt offen, auf welche Art und Weise die Arbeitszeit zu erfassen ist. Gegenwärtig ist nicht absehbar, wie diese Entscheidung nunmehr in nationales Recht umgesetzt wird. Bisher enthält das deutsche Recht mit Hinblick auf eine Aufzeichnungsverpflichtung eine Regelung in § 16 Abs. 2 ArbZG, die insbesondere bei der Vertrauensarbeitszeit in der Praxis zur Anwendung kam: Danach sind Arbeitgeber verpflichtet, nur die über die werktägliche Arbeitszeit (acht Stunden) hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Eine bestimmte Form ist dabei nicht vorgeschrieben. Bereits heute werden die Aufzeichnungen der Arbeitszeit dann vielfach von Arbeitnehmern selber vorgenommen. Inzwischen gibt es Entscheidungen von Arbeitsgerichten, die bereits jetzt eine unmittelbare Geltung der Arbeitszeiterfassung wie im o.g. Urteil des EuGH sehen (z. B. Arbeitsgericht Emden v. 20. Februar 2020 – 2 Ca 94/19).
Zu beachten ist bei Vereinbarungen über die Arbeitszeit und damit auch bei der Vertrauensarbeitszeit, dass unser Arbeitszeitgesetz (ArbZG) eine feste Grenze nach oben hat und bestimmte Pausenzeiten vorschreibt. Wenn Mitarbeiter über ihre Arbeitszeiten selbst entscheiden dürfen, sind sie über die gesetzlichen Vorgaben zu unterrichten und an diese gebunden.
KOFA – Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung: Arbeitszeitflexibilisierung