BW 05/2021 – Agenda
Stolze 575 Verwaltungsleistungen wurden im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes (OZG) des Bundes identifiziert, die zu digitalisieren sind. 315 davon befinden sich im Reifegrad 2 – das ist eine Stufe über dem PDF-Formular zum Download – oder besser. Der Anteil der bereits höherwertig digitalisierten Leistungen in diesen 315 ist noch marginal. Aber das bedeutet nur, dass mindestens eine Kommune bundesweit diesen Zustand erreicht hat. Flächendeckend einheitlich verfügbar sind davon weniger als zehn. Dass dennoch vor allem die erste Zahl kommuniziert wird, folgt einer einfachen Logik: Wenn ein Verfahren erfolgreich in einer Kommune umgesetzt wurde, soll es auf die anderen übertragen werden. Die Bundesländer haben dazu unterschiedliche Verantwortung bei der Abarbeitung des Gesetzes übernommen. Einer für alle eben!
Einer für alle ... aber nicht in Berlin!
So gut Verwaltungsdigitalisierung auf Bundesebene auch klingt: Die Realität in Berlin sieht anders aus und scheitert erneut an den diffusen Zuständigkeiten.
<font color="#56BD66"> <b>Sebastian Stietzel</b> </font>
Vize-Präsident der IHK Berlin, Vorsitzender des IHK-Kompetenzteams Mittelstand und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments
© Christian Kielmann
Wir wollten wissen, wie gut das funktioniert und warum wir den Eindruck haben, dass es in Berlin mit Servicekonto & Co. nicht vorangeht. Dafür haben wir den zuständigen Staatssekretär im Bundesinnenministerium und damit Bundes-CIO, Dr. Markus Richter, und sein Berliner Pendant, Sabine Smentek, Ende März in das Stadtgespräch Mittelstand eingeladen. Abseits der oben genannten Zahlen wurden unsere Hoffnungen bedient. Der Bund fokussiert unternehmensbezogene Verwaltungsvorgänge aufgrund der höheren Kontaktfrequenz. Er misst Nutzung und Kundenzufriedenheit und veröffentlicht die Ergebnisse. Und er sucht die Kooperation mit der Wirtschaft. Darüber hinaus fordert Richter: Jedes Ministerium muss ein Digitalministerium sein – mit einer starken zentralen Steuerung und ergänzt um eine Digitalakademie für den Aufbau digitaler Kompetenzen. Balsam für die E-Government-Seele, garniert mit der Ankündigung, noch in dieser Legislaturperiode den Personalausweis aufs Handy zu bringen.
Doch was läuft schief? Der in Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich eingeführte digitale Bauantrag ist noch nicht mal dort landesweit ausgerollt. Berlin prüft sogar noch, ob die Lösung überhaupt kompatibel zu den Berliner Systemen ist. Und dann ist da die Zuständigkeitsfrage: Wie viel Durchgriffsrecht hat die Berliner CIO Smentek auf Fachverwaltungen und Bezirke? Doch nicht: „Einer für alle“? Der für Verwaltungsmodernisierung zuständige Staatssekretär, Dr. Frank Nägele, fordert hierfür einen rechtlichen Rahmen, der über den Zukunftspakt hinausgeht. Eine Verfassungsreform ist im Gespräch.
Andere Bundesländer beweisen: Eine enge(re) Kooperation der Landes-IT-Dienstleister über alle Verwaltungseinheiten hinweg würde schon helfen. Der Status in Berlin dagegen: Umsetzung Unternehmenskonto: noch nicht entschieden, Anzahl von digitalen OZG-Leistungen: 120 von 575, Reifegrad: divers. #LegislaturEndspurt
Kompetenzteam
Wenn Sie sich für unsere Arbeit interessieren, nehmen Sie gern Kontakt zu uns auf unter: ihk-berlin.de/kompetenzteam Mehr zum aktuellen Thema: onlinezugangsgesetz.de