BW 02/2022 - AGENDA

Modernisierung der Verwaltung neu denken

Ein Chief Digital Officer mit zwei Schreibtischen soll es nun richten – wichtig wäre vor allem ein Ausbau der digital verfügbaren Dienstleistungen
Im Wahlkampf war es parteiübergreifend eines der vorrangigen Themen: Die Berliner Verwaltung, für die wir unbestritten über die Landesgrenzen hinweg eher belächelt als gefeiert werden, sollte Chefinnensache werden. Den neuen Anlauf übernimmt nun ein Mann, Dr. Ralf Kleindiek, der Chief Digital Officer von Berlin.
Als Staatssekretär in der Senatsinnenverwaltung bündelt er nunmehr sämtliche Themen der Modernisierung und Digitalisierung der Berliner Verwaltung. Helfen soll ihm dabei ein zweiter Schreibtisch in der Senatskanzlei bei der Regierenden Bürgermeisterin. Statt das wichtige Querschnittsthema endlich vollständig im Roten Rathaus anzusiedeln, muss der Verantwortliche nunmehr gleich zwei Chefinnen berichten, der Innensenatorin, Iris Spranger, und der Regierenden Bürgermeisterin, Franziska Giffey. Zumindest trennt die beiden Schreibtische im Grunde nur eine große Straße, die ist allerdings stark befahren – die Gefahr, unter die Räder zu kommen, also unbestritten.
Ein kurzer Rückblick: Der rot-rot-grüne Senat der letzten fünf Jahre hatte die Digitalisierungsstrategie in der Wirtschaftsverwaltung, die IKT-Steuerung in der Senatsinnenverwaltung und die Prozessmodernisierung im Roten Rathaus angesiedelt, hinzu kamen die Digitalisierungs-Verantwortlichkeiten in jedem einzelnen Fachressort. Ohne Frage ist diese dezentrale Struktur nicht aufgegangen. Der Digitalisierungsfortschritt ist überschaubar geblieben, und das trotz eines E-Government-Gesetzes mit Durchgriffsmacht für die IKT-Staatssekretärin sowie eines Zukunftspaktes Verwaltung zwischen den Bezirken und dem Land.
Der wichtigste Wunsch an und für die neu geschaffene Hybrid-Position des CDO ist, dass er die Macht der gebündelten Kompetenz und der Rückendeckung aus dem Roten Rathaus besser zu nutzen weiß als seine Vorgänger. Ich kann nur empfehlen, auch Expertise von außen einzubeziehen. Die hiesige Wirtschaft ist nicht nur in diesem Zusammenhang der Lösungsanbieter für die Probleme und Herausforderungen der Stadt, sondern auch und gerade in Berlin ein konstruktiver, kreativer und hilfsbereiter Berater.
Im kürzlich veröffentlichten 100-Tage-Programm des neuen Senats spielt die Verwaltungsmodernisierung jedenfalls leider keine herausragende Rolle. Die nutzungsintensive Wirtschaft wünscht sich aber vor allem einen Ausbau der digital verfügbaren Verwaltungsdienstleistungen statt der angekündigten Vermarktung der 41 bestehenden aus dem Bereich der Bürgerdienste.

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