Auf den Punkt

Es geht um ganze Lebenswerke

Die Nachfolge in Unternehmen sichert Arbeitsplätze und Know-how. Damit ist sie ein Schlüsselelement für die Zukunftsfähigkeit des Standorts.
Meinung
In der Kolumne „Auf den Punkt“ ­positionieren sich im ­monatlichen Wechsel Mitglieder des ­Präsidiums zu wirtschaftspolitischen ­Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht.
Die wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen Berlin steht, sind in der Tat enorm. Neben dem drohenden Fachkräftemangel und den strukturellen Problemen im Wohnungsbau und in der Verwaltung beeinträchtigt auch die schwache Konjunktur die Entwicklung der Stadt. Ein besonders dringliches Thema, das die Zukunftsfähigkeit des Standorts betrifft, ist die Unternehmensnachfolge. Die Regelung der Nachfolge in Unternehmen ist nicht nur eine Frage der Sicherung von Arbeitsplätzen und der Erhaltung von Know-how, sondern auch des Fortbestands ganzer Lebenswerke.
Bis 2026 stehen allein in Berlin etwa 8.500 Unternehmen vor der Herausforderung einer Nachfolgeregelung. Viele dieser Unternehmen finden jedoch keinen geeigneten Nachfolger, was zu einer möglichen Schließung führen könnte. Das Hauptproblem liegt im „Matching“: Angebot und Nachfrage sind vorhanden, finden aber oft nicht zueinander. Dieses Missverhältnis spiegelt sich in der Tatsache wider, dass rund 40 Prozent der übergabereifen Unternehmen keinen passenden Nachfolger und ebenso viele Nachfolge-interessierte keine geeigneten Unternehmen zur Übernahme finden.
Die Gründung der Berliner Nachfolgezentrale ist daher ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Diese zentrale Plattform soll Unternehmen und potenzielle Nachfolger zusammenbringen und umfassende Beratungsleistungen anbieten. Mit einem Fördervolumen von insgesamt 700.000 Euro jährlich, bereitgestellt durch das Land Berlin, die Bürgschaftsbank Berlin, die Handwerkskammer Berlin (HWK) und die IHK Berlin, sollen die Mitarbeiter der Nachfolge­zentrale intensiv daran arbeiten, Unternehmen und Nachfolger zusammenzuführen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Ansprache junger Menschen, die für die Selbstständigkeit gewonnen werden sollen. Dabei ist es wichtig, mit dem Irrglauben aufzuräumen, dass eine Unternehmensnachfolge nur innerhalb der Familie stattfinden kann oder dass man zwingend ein Unternehmen selbst gründen muss, um erfolgreich zu sein. Die Nachfolgezentrale könnte somit auch einen Beitrag dazu leisten, dass mehr junge Menschen den Weg in die Selbstständigkeit finden und gleichzeitig die wirtschaftliche Zukunft Berlins sichern.
Von Nicole Korset-Ristic
Vorständin bei der Bio Company SE und Vizepräsidentin der IHK Berlin