Auf den Punkt

Berlin kann ganz vorn mitspielen

Die Hauptstadt hat das perfekte Ökosystem, um ein Life Science Cluster von Weltrang zu werden – wenn wir unsere Kräfte bündeln und die Politik Offenheit beim Umgang mit Daten zeigt.
Meinung
In der Kolumne „Auf den Punkt“ ­positionieren sich im ­monatlichen Wechsel Mitglieder des ­Präsidiums zu wirtschaftspolitischen ­Fragestellungen aus ihrer persönlichen Sicht.
Mit die größten Innovationen unserer Zeit entstehen an der Schnittstelle von Biologie und Datenwissenschaften. Forschende können heute jede einzelne Zelle eines Organismus betrachten und beginnen, die molekularbiologischen Prozesse des Lebens bis ins kleinste Detail zu verstehen. Dabei fallen enorme Datenmengen an, die nur noch mit maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz nutzbar gemacht werden können.
Das Versprechen dieser sogenannten Life Sciences ist groß: Wenn wir die molekularbiologischen Mechanismen der Krankheitsentstehung nachvollziehen, dann wissen wir, wo wir ansetzen müssen, um einer Erkrankung zuvorzukommen oder sie sehr gezielt zu behandeln. Neuartige Therapien und Präventionsmöglichkeiten stehen am Horizont – und mit ihnen die Hoffnung auf ein langes, gesundes Leben. Der Weg dorthin ist geprägt vom Zusammenspiel verschiedener Wissensfelder und Akteure. Weltweit entstehen Life Science Cluster, in denen nicht nur unter anderem Molekularbiologen, Bioinformatiker und Datenexperten Tür an Tür arbeiten, sondern auch Start-ups und Unternehmen, akademische und universitäre Forschung.
Auch Berlin bringt in diesem Zusammenhang einiges mit: Wir haben Forschungsinstitutionen von Weltrang, eine namhafte akademische und private Forschung, eine starke Biotechnologie-Start-up-Szene, dazu eine hoch- karätige Klinik- und Pflegelandschaft und bestens ausgebildete Fachkräfte. Hinzu kommen die Beliebtheit Berlins und die – noch ausbaufähige – internationale Anbindung sowie, verglichen mit anderen Metropolen, erschwingliche Lebenshaltungskosten.
All das könnte uns zu einem Life Science Cluster von Weltrang machen – wenn wir jetzt unsere Potenziale und Kräfte gut verbinden. Dann helfen wir nicht nur den Patienten, sondern stärken auch die Berliner Wirtschaft. Momentum gewinnen wir gerade durch das neue Medizinforschungsgesetz, das den Zugang zu Patientendaten in Deutschland für eine breitere Gruppe an Akteuren ermöglicht.
Die Medizin der Zukunft ist datengetrieben. Neben mikrobiologischen Daten werden auch Daten aus dem realen Versorgungsalltag die Versorgung auf eine neue Ebene setzen. Dann lernen wir beispielsweise aus den anonymisierten Behandlungsdaten und -erfahrungen von Krebspatienten für andere Krebspatienten in ähnlichen Ausgangslagen.
Deshalb wünsche ich mir grundsätzlich Offenheit gegenüber dem Datenthema, auch in der Landespolitik. Wir brauchen eine „Unterstützungsattitüde“. Freilich ohne Blauäugigkeit, sondern mit Sinn für vernünftige Rahmenbedingungen, damit wir das Potenzial, dass künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen zur Wissensgenerierung in der Medizin versprechen, schöpfen können.

von Kathrin Klär-Arlt
Geschäftsführerin der Pfizer Pharma GmbH und Präsidiumsmitglied der IHK Berlin.