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Magneten für die Massen

Viele Privatmuseen gehören zu den touristischen Highlights der Stadt und sind oftmals besonders innovativ, denn sie müssen es ohne Subventionen schaffen.
Dass Berlin ein kulturelles Zentrum ist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Unter den TOP 3 der Besuchsgründe für Berlin-Touristen stehen „Sehenswürdigkeiten“ auf Platz 1 und „Kunst & Kultur“ auf Platz 3, bei den tatsächlich durchgeführten Aktivitäten der internationalen Gäste belegen „Museen und Ausstellungen“ den dritten Rang, so VisitBerlin. Die offizielle Tourismus-Marketing-Organisation spricht von 175 Museen in der Hauptstadt; im Ranking der 30 meistbesuchten Einrichtungen sind überwiegend Museen gelistet, lediglich der Spitzenreiter Zoologischer Garten läuft ihnen den Rang ab.

Publikumsmagnet DDR-Museum

So weit, so bekannt. Wer die Presse verfolgt, hat sicherlich mitbekommen, dass eine der wichtigsten Attraktionen der Berliner Museumsinsel (immerhin UNESCO-Weltkulturerbe seit 1999), das Pergamonmuseum, Ende Oktober 2023 für Sanierungsarbeiten schloss. Es wird nach 2027 schrittweise wiedereröffnet, Ende der Bauzeit ist nach aktuellem Plan 2037. Es ist nicht so, dass die 623.000 Besucherinnen und Besucher dieses Museums dann in Berlin wegbleiben, ein Großteil dürfte sich auf die anderen Einrichtungen verteilen. Nur wenige Schritte entfernt befindet sich ein anderes historisches Museum, das 2022 immerhin rund 430.000 Gäste empfing und damit das meistbesuchte privat betriebene war: das DDR-Museum. Ganz am Rande, im Vor-Corona-Jahr waren es 585.000 Besucherinnen und Besucher.
Nun kann man sich fragen, wie es angesichts von zig Museen in öffentlicher Trägerschaft (Bund, Land, Bezirke), zahlreichen Gratisangeboten und Sonntagen mit kostenlosem Eintritt überhaupt möglich ist, ein Museum privatwirtschaftlich zu betreiben. Ein reguläres Online-Ticket für das erwähnte DDR-Museum schlägt immerhin mit 13,50 Euro zu Buche. Zum Vergleich: 2023 beliefen sich die Landeszuschüsse für öffentliche Museen auf 36 Euro pro Einwohner.
Einer, der die Frage schon oft beantworten konnte, ist Robert Rückel. Nach Jahren als Geschäftsführer des beliebtesten Privatmuseums übernahm er 2016 das Deutsche Spionagemuseum und 2023 das Deutschlandmuseum. Nach nicht einmal einem halben Jahr erhielt Letzteres den „Museums-Oscar“, den THEA Award, als erstes deutsches Museum überhaupt. Rückel, der auch IHK-Vizepräsident ist, sagt: „Private Museen sind auf Besucher angewiesen. Sie müssen also, um zu überleben, besucherorientiert arbeiten und die Wünsche ihrer Zielgruppe erfüllen. Das steigert die Innovationskraft und lässt private Museen interaktiver, multimedialer und barrierefreier sein als die meisten staatlichen Museen.“

Kleine Nischen bespielen

Schaut man sich um, merkt man sofort, wie vielfältig und thematisch innovativ die privaten Anbieter unterwegs sind. Oft bespielen sie eine kleine Nische, wie das Computerspielemuseum oder das Samurai-Museum, andere beschäftigen sich mit großen Themen auf innovative Art wie das Illuseum. Einen originellen Ansatz wählte das Museum der Stille in der Linienstraße – es ist nicht nur eines der kleinsten, sondern verlangt auch keinen Eintritt.
Den Kontrast dazu bildet der Berliner Künstler Yadegar Asisi. Er belebte eine traditionelle Darstellungsart, das großflächige Panoramagemälde, neu und bereicherte es um Audioelemente. Seit 2012 ist am Checkpoint Charlie sein Mauer-Panorama zu sehen und seit gut fünf Jahren das Rundgemälde zu Pergamon. Als Kooperation mit der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin stellt das Pergamon-Panorama ein seltenes Beispiel einer Zusammenarbeit privater und öffentlicher Träger dar. Und ganz nebenbei wird es nun für einige Jahre die einzige Möglichkeit bleiben, den weltberühmten Pergamonaltar zu bewundern.
von Dr. Mateusz Hartwich