Branchen
Historische Substanz
Die Gestaltung des Forums an der Museumsinsel erzählt von einem Zusammenspiel des alten und neuen Berlins. Und davon, dass Nachhaltigkeit auch in der Baubranche langsam ankommt.
Im Zentrum der Hauptstadt entstand ein neues Quartier. Das birgt Herausforderungen.
© CÉLINE GILS, TEUFFEL ENGINEERING CONSULTANTS
Es ist einer der letzten großen Lückenschlüsse im Zentrum Berlins: das Forum an der Museumsinsel. Die Herausforderung, ein Quartier mitten im denkmalgeschützten Gebiet zu entwickeln, in direkter Nähe zum UNESCO-Welterbe Museumsinsel, ist groß genug. Zusätzlich komplizierter und aufwendiger war das Vorhaben dadurch, dass das Areal aus einer Ansammlung von Bestandsgebäuden aus unterschiedlichen historischen Epochen besteht. Jedes von ihnen musste einzeln saniert, entwickelt und einer neuen Nutzung zugeführt werden.
Michael Schürer, der für den Eigentümer das Projekt betreut, berichtet vom langen Weg zum fertigen Areal. Die ersten Planungen stammen vom Anfang der 2010er-Jahre, als der Gewerbemarkt in Berlin noch ein ganz anderer war – Büroflächen in zentraler Lage wurden für zehn Euro pro Quadratmeter vermietet, heute sind es 40 Euro. Dafür wurden, entgegen ursprünglicher Planungen, keine Flächen für den Einzelhandel eingerichtet. Im laufenden Baugeschehen wurden Umplanungen getätigt, etwa als eine bereits genehmigte Tiefgarage unter dem „Forum“, einem öffentlichen Stadtplatz an der Ziegelstraße, wieder einkassiert wurde.
Originalmaterialien erhalten
Das Torhaus zur Oranienburger Straße ist das einzige neu gebaute Objekt, allerdings nach historischen Vorbildern geschaffen. Die strikte Anlehnung an die historische Substanz ist nicht bloß Verkaufsargument. Man kann diesen Fokus aufs Bewahren und Entwickeln als Ausdruck von Nachhaltigkeit sehen, die in der Immobilienbranche noch nicht selbstverständlich ist (siehe Interview rechts). Allein 2.000 Fenster wurden restauriert und wieder eingebaut. Um Fassaden-elemente mit Originalmaterial wiederherstellen zu können, wurden geschlossene Steinbrüche wieder in Betrieb genommen. Wo es geht, wurden Materialien erhalten und in die modern gestalteten Innenräume integriert. Das und der Fokus auf Bestandshaltung zeigen, dass auch private Akteure in Sachen nachhaltiger Entwicklung der öffentlichen Hand nicht nachstehen. In der öffentlichen Diskussion über Stadtentwicklung in Berlin wird das manchmal vergessen.
Von Dr. Mateusz Hartwich