BRANCHEN | Medienbarometer
Vorsichtig optimistisch
Die Medienbranche hat sich im Vergleich zur Gesamtwirtschaft besser erholt, dennoch: Der Ruf nach Fachkräften wird auch hier immer lauter
Die Branche setzt auf Selbsthilfe und bietet Trainee-Programme oder Ausbildungsplätze an
© Mindy Dunlap/Stocksy United
Trotz Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation ist die Stimmung bei den Unternehmen des Clusters „Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), Medien und Kreativwirtschaft“ der Länder Berlin und Brandenburg vorsichtig optimistisch. So ist der Geschäftsklimaindex zwar von 141,9 auf 126,5 Punkte gefallen, liegt damit aber noch höher als der aktuelle Geschäftsklimaindex der IHK Berlin für die gesamte Wirtschaft mit 104 Punkten (Stand Februar 2023).
Dies ist eine der zentralen Aussagen des jetzt veröffentlichten „20. medien.barometers 2022/23“, einer Initiative von medianet berlinbrandenburg mit Unterstützung des Medienboards Berlin-Brandenburg sowie der Investitionsbanken Berlin und Brandenburg (IBB). An der Umfrage haben insgesamt 272 Unternehmen des Clusters teilgenommen (Zeitraum September bis November 2022). So sind 56 Prozent der Befragten mit dem aktuellen Geschäftsverlauf zufrieden und sehr zufrieden, während der Anteil der Unzufriedenen bei 12 Prozent liegt. Mit Blick auf das Jahr 2023 erwarten 39 Prozent Unternehmen eine Steigerung ihres Umsatzes, aber 20 Prozent befürchten sinkende Einnahmen. Die positivsten Erwartungen kommen aus der Digitalwirtschaft, während im Pressemarkt die negativen Erwartungen überwiegen.
Dringenden Handlungsbedarf sehen die Unternehmen bei der dualen Ausbildung, Fachkräften, der Hochschulausbildung und dem dualen Studium. So bemängeln 31 Prozent der Befragten, dass es neue Job-Profile gibt, für die bisher keine ausreichenden Ausbildungsangebote vorhanden sind. Dies betrifft viele IT-Berufe, wie Game Producer, Social Media- und VFX Production Manager, aber auch ökonomische Berufe. Vier von fünf Unternehmen (80 Prozent) berichten bei der Rekrutierung von Fachkräften von Pro-blemen, jedes dritte sogar in starkem Maße. Am meisten suchen Unternehmen aus den kreativen Bereichen Personal (62 Prozent). Hier, aber auch in allen anderen Branchen, ist der Personalbedarf im mittleren Job-Level am höchsten, gefolgt von Senior-Positionen. Je höher das Job-Level, desto länger dauert es, bis eine Stelle besetzt werden kann. In der Verwaltung/Administration etwa benötigen 44 Prozent der Unternehmen länger als sechs Monate, um eine Senior-Stelle zu besetzen.
Social-Media Manager gesucht
Job-Profile, für die es laut Befragung keine ausreichenden Ausbildungsangebote gibt, Mehrfachnennung möglich
Job-Profile, für die es laut Befragung keine ausreichenden Ausbildungsangebote gibt, Mehrfachnennung möglich
Voraussetzungen für Diversität schaffen
Bedingungen, die dafür sorgen würden, internationale Fachkräfte zu gewinnen, Mehrfachnennung möglich
Bedingungen, die dafür sorgen würden, internationale Fachkräfte zu gewinnen, Mehrfachnennung möglich
Quelle: medianet berlinbrandenburg
Helfen könnten internationale Fachkräfte, wie es ja auch immer wieder gern von der Politik propagiert wird. Doch dafür bedarf es mehr als Rhetorik und Lippenbekenntnisse, zeigt die Realität doch ein anderes Bild. So werden die Rahmenbedingungen zur Beschäftigung internationaler Fachkräfte von 48 Prozent als eher nicht gut und von 18 Prozentals gar nicht gut bewertet. Jeweils drei Viertel dieser Unternehmen (76 Prozent) gaben an, dass allen voran eine Vereinfachung von Verwaltungsprozessen und eine Verbesserung der Wohnungssituation nötig seien. 44 Prozent wünschen sich eine stärkere arbeitsrechtliche Unterstützung.
Statt „Warten auf Godot“, setzt die Branche bis dahin auf Selbsthilfe, und die Hälfte der befragten Unternehmen (47 Prozent) bietet Trainee-Programme oder Ausbildungsplätze (43 Prozent) an. Drei Viertel setzen auf interne, aber nur die Hälfte auf externe Weiterbildung. 29 Prozent rekrutieren internationale Fachkräfte, und 44 Prozent integrieren Freelancer oder Quereinsteigerinnen und -einsteiger (46 Prozent). Dazu Helge Jürgens, Geschäftsführer Medienboard Berlin-Brandenburg: „Investieren wir in verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten und in eine optimierte Integration internationaler Fachkräfte, kann dies ein echter Booster für den Standort sein.“
Auch bei der Hochschulausbildung ist noch Luft nach oben. Zwar sind 61 Prozent mit den angebotenen Studiengängen zufrieden, mehr als jedes fünfte Unternehmen meint hingegen, dass es heute Job-Profile gibt, für die es keine adäquaten Studiengänge gibt. In Bezug auf das duale Studium halten 27 Prozent das bestehende Angebot für eher nicht gut (21 Prozent) oder gar nicht gut (6 Prozent). Die meisten negativen Bewertungen stammen aus der Film- und der Digitalwirtschaft, die meisten positiven aus der Musikwirtschaft. Tobias York, Geschäftsführer von I like Visuals und IHK-Vollversammlungsmitglied, kennt diese Problematik: „Wir sind stetig auf der Suche nach guten Fachkräften. Leider stellen wir immer wieder eine hinterherhinkende Entwicklung insbesondere in der universitären Ausbildung fest. Sehr langsam etablieren sich etwa Studiengänge im Bereich Social Media, obwohl uns diese Netzwerke schon seit mehr als zwei Jahrzehnten begleiten.“
von Jürgen Schepers