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Zinsrisiken belasten Bilanzen und Investitionsentscheidungen, Löhne folgen der Inflation und werden perspektivisch steigen. Politisch sorgt ein ganzes Bündel an Unwägbarkeiten dafür, dass viele Unternehmen zurückhaltend agieren: Außen- und sicherheitspolitische Gewissheiten sind abgeräumt, die Klima- und Nachhaltigkeitswende setzt der Wirtschaft neue Rahmenbedingungen, und das zum Teil sehr kurzfristig.
Konjunktur tritt auf der Stelle
Das laufende Jahr könnte als ein Jahr der Stagnation in die Wirtschaftsannalen eingehen. Zwar haben sich zuletzt einige Konjunkturbremsen gelöst oder zumindest gelockert: etwa die Energiepreise und auch die Lieferkettenstörungen. Doch an anderer Stelle gibt es ordentlichen Gegenwind.
Frühjahrsaufschwung ist ausgeblieben
Das Konjunkturklima ist in der Schwebe zwischen stimulierenden und abkühlenden Faktoren. Der Berliner Klimaindex spiegelt diese Situation mit einem Wert von 112 Punkten wider. Werte deutlich unterhalb oder oberhalb der 100-Punkte-Marke zeigen eine bremsende beziehungsweise beschleunigende Konjunktur an. Der aktuelle Wert spricht dafür, dass beschleunigende Faktoren die bremsenden nur leicht überwiegen. Die Hoffnung auf einen Frühjahrsaufschwung, wie sie der rasche Anstieg des Klimaindikators zwischen Herbst 2022 und Beginn des Jahres erzeugte, hat sich also nicht erfüllt.
Wichtige Produktionsfaktoren – Kapital und qualifizierte Mitarbeiter – haben sich in den vergangenen zwölf Monaten erheblich verteuert oder werden dies noch tun. Angesichts der Zins- und Inflationserwartungen ist nicht damit zu rechnen, dass kurzfristig ein Entspannungsszenario eintritt. Die Wirtschaft steht nach der Corona- und der unmittelbaren Energiekrise weiter unter hohem Anpassungsdruck, der durch die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit noch erhöht wird. Viele Unternehmen konzentrieren sich vorerst darauf, diesem Druck standzuhalten. Angesichts dieser Situation besteht die Gefahr, dass Wachstums- und Innovationschancen nicht ergriffen werden.
Zurückhaltende Planungen
Zwar entlassen die Krisen der letzten Monate die Berliner Unternehmen nach und nach aus ihrem Griff. Dennoch bleiben die Planungen für die nächste Zukunft zurückhaltend. Über alle Branchen hinweg sorgt das wechselhafte Konjunkturklima für eine eher vorsichtige Personalpolitik. Zwar rechnen wie noch zu Jahresbeginn 28 Prozent der Befragten mit steigenden Beschäftigtenzahlen, doch nimmt gleichzeitig die Zahl der Skeptiker zu. Ähnlich lassen sich die Investitionspläne der Unternehmen einordnen. Der Indikator lässt wieder leicht nach, nachdem er sich zu Jahresbeginn etwas erholt hatte. Damit fällt die Investitionsdynamik vergleichsweise schwach aus.
Auch die Risikolage der Unternehmen bleibt angespannt. Zwar lassen die Sorgen bezüglich der Rohstoff- und insbesondere der Energiepreise zum Teil deutlich nach, aber ohne auf ihr Vorkrisen-Niveau zu sinken. Gleichzeitig steigen andere Risikoeinschätzungen wieder an. Sowohl die Entwicklung der Arbeitskosten wird häufiger als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung genannt als auch die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.
Doch am häufigsten und mit großem Abstand wird der Fachkräftemangel als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung genannt. Die Unternehmen sehen sich hier mit einem anhaltenden und wachsenden Problem konfrontiert und werden den Folgen der herrschenden Fachkräfteengpässe infolge des demografischen Wandels auch vorerst nicht entgehen können.
Von Patrick Schulze