BW 05/2022 - Agenda

Starkes Finale

Bei der letzten IHK-Vollversammlung der aktuellen Legislatur ging es um Eckpfeiler der Berliner Wirtschaft – mit Senator Stephan Schwarz als Gast
Es war die letzte Vollversammlung (VV) der IHK in der aktuellen Legislaturperiode – und sie hatte einen prominenten Gast: Berlins Wirtschaftssenator Stephan Schwarz kam, um mit den VV-Mitgliedern über die wirtschaftspolitischen Pläne des neuen Senats zu diskutieren. „Einer von uns“, wie IHK-Präsident Daniel-Jan Girl den langjährigen Präsidenten der Berliner Handwerkskammer begrüßte.
Stephan Schwarz stellte zunächst die vier Eckpfeiler der Wirtschaftspolitik vor: Da sei zum einen die Unterstützung der Wirtschaft beim Neustart nach Corona. Eine zentrale Rolle spiele auch das Thema Infrastruktur. „Wirtschaft folgt Infrastruktur“, so Schwarz. „Und das heißt im 21. Jahrhundert vor allem: die digitale Infrastruktur.“ Bis 2025 flächendeckend Gigabit-Standard und 5G, bis 2030 die flächendeckende Versorgung der Stadt mit Glasfaseranschlüssen, so der durchaus ehrgeizige Plan.

Verfügbare Gewerbeflächen im Fokus

Dritte Säule der Wirtschaftspolitik von Rot-Grün-Rot soll die Unterstützung vor allem der kleinen und mittleren Unternehmen bei der Transformation zur nachhaltigen Wirtschaft sein. „Große Unternehmen haben dafür meist die personellen und finanziellen Ressourcen. KMU haben beides in der Regel nicht“, erläuterte der Senator. Deshalb müsse die Politik hier flankieren. Vierter Schwerpunkt ist die Start-up-Agenda, deren wesentliche Inhalte Schwarz Ende März auch öffentlich vorgestellt hatte.
In der anschließenden Diskussion mit den VV-Mitgliedern ging es unter anderem um die Forderung, bürokratische Hürden für Händler abzubauen, mehr Agilität in der Berliner Verwaltung und ein Thema, das viele Unternehmen beschäftigt: die angespannte Lage bei den verfügbaren Gewerbeflächen und die Nutzungskonflikte mit dem Wohnungsbau. Seine Mitarbeiter und er würden jeden Quadratmeter Gewerbefläche verteidigen, versprach Schwarz, warb aber um Verständnis, dass man angesichts des massiven Bedarfs an Wohnraum auch Kompromisse finden müsse. Wichtig sei, dass sich Wirtschaft und Politik eng austauschen, denn nur gemeinsam könne man die großen aktuellen Herausforderungen bewältigen. „Du musst die Politik aber nicht nur loben“, wandte sich der Wirtschaftssenator an Daniel-Jan Girl. Es sei schließlich die Rolle der Kammer, an der einen oder anderen Stelle den Finger in die Wunde zu legen. Auch Girl betonte, dass nur Wirtschaft und Politik gemeinsam die Stadt nach vorne bringen werden. Ein Leuchtturmprojekt könne dabei die Expo 2025 sein, angelegt als Weltausstellung der Nachhaltigkeit: keine Ansammlung von Pavillons auf einem abgeschotteten Gelände, sondern in allen Kiezen Berlins für alle erlebbar. „Wir wollen Visionen Wirklichkeit werden lassen“, so Girl.

Businesspläne zur 3+1-Strategie

Ein weiterer Schwerpunkt war der Zwischenbericht zur Arbeit der Expertenteams zur 3+1-Strategie der IHK, den Vizepräsident Sebastian Stietzel vorstellte. In jedem der vier Teams habe man Expertise aus IHK-Haupt- und Ehrenamt sowie der Stadtgesellschaft versammeln können, so Stietzel. Nach den ersten Workshops gehe es jetzt darum, Businesspläne für jedes Thema auszuarbeiten. „Wir sind Unternehmer, deshalb bieten sich Businesspläne mit Bedarfsanalysen, Produkten und KPIs an“, so Stietzel, natürlich könne man einen Unternehmens-Businessplan nicht eins zu eins auf die Ergebnisse der Expertenteams übertragen. „Aber uns geht es darum, mit diesem Wording aus dem unternehmerischen Alltag das Wesen der Pläne zu erhalten. Schließlich sollen die Vorschläge auch umgesetzt werden.“
Zum Schluss dieser letzten VV der aktuellen Legislaturperiode dankte IHK-Präsident ­Daniel-Jan Girl den Mitgliedern für ihren Einsatz in den vergangenen fünf Jahren. Einen besonderen Dank richtete er an seine Vorgängerin im Amt, Beatrice Kramm, die die aktuelle Legislatur geprägt habe, und an Vizepräsident Tobias Weber. Nach 20 Jahren in der VV haben beide entschieden, nicht für die nächste Vollversammlung zu kandidieren. Die konstituierende Sitzung der neuen VV findet am 28. Juni statt.

von Claudia Engfeld