BW 6/2022 - AGENDA
Open End für Open Data?
Berlin will mit einem neuen Anlauf öffentliche Daten verfügbar machen. Aber ohne Umsetzung in den Amtsstuben bleibt die Strategie bloße Theorie
Open Data geistert durch die Amtsstuben, und das nicht erst seit gestern. Bereits im Jahr 2011 hat Berlin die erste Open-Data-Strategie veröffentlicht. Sie teilt das Schicksal vieler Strategien des Landes – die Umsetzung ist schwierig bis unmöglich, weil sie ohne breite Beteiligung entwickelt wurde und auf der Meta-Ebene verharrt. Wenn Sie jetzt auch an die Smart-City-Strategie von 2015 denken, treffen sich unsere Gedanken.
Sebastian Stietzel
Vize-Präsident der IHK Berlin, Vorsitzender des IHK-Kompetenzteams Mittelstand und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments
© Christian Kielmann
Wie bei der Smart-City-Strategie hat Berlin erkannt, dass ein zweiter und besserer Anlauf erforderlich ist. Die Open-Data-Stakeholder sind in den gesamten Entwicklungsprozess eingebunden, sowohl über Online-Beteiligungen als auch Präsenz-Workshops jeweils für die Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und interessierte Öffentlichkeit. Auch die IHK war in diesem Rahmen Ende April aktiv. Die Ergebnisse aus allen Beteiligungsphasen liegen mittlerweile als Zwischenstand vor, ziehen die letzten Runden und werden zum 31. Juli als neue Open-Data-Strategie Berlins veröffentlicht. Diese soll sicherstellen, dass nicht personenbezogene Daten aus der Verwaltung in verarbeitungsfähigen Formaten zur Verfügung gestellt und zur Grundlage für datenbasierte Entscheidungen in der Verwaltung sowie zukunftsträchtige Geschäftsmodelle der Wirtschaft werden.
So weit, so gut – und wie sieht es mit der Umsetzung in den Amtsstuben aus, bekanntermaßen die größte Herausforderung in Berlin? Zum Beispiel werden alle Verwaltungseinheiten mit Open-Data-Beauftragten ausgestattet. Eine Anhörung dazu im April im Abgeordnetenhaus ergab, dass bis dato 27 Beauftragte bereits in Amt und Würden sind. Das hört sich gut und sinnvoll an. Problematisch ist aber, dass bereits von Beginn an bei vielen Beauftragten klar ist, dass sie diese Aufgabe nicht ausfüllen können. Es fehlen die zeitlichen Ressourcen dafür, was insbesondere bei der Einführung und Umsetzung neuer Themen – wie Open Data – schwerwiegend ist. Gerade am Anfang ist ein größerer Aufwand erforderlich, um ein Projekt ins Laufen zu bringen.
Greifen nun wieder berlintypische Mechanismen, indem die Benennung von Open- Data-Beauftragten nur dazu dient, dann hinter das Ziel im Koalitionsvertrag einen Haken setzen zu können – erledigt, fertig? Es wäre tatsächlich schade, wenn sich diese Herangehensweise auch unter RGR breitmacht. Sie konterkariert nicht nur den insgesamt guten Prozess der neuen Strategieentwicklung, sondern begräbt auch Hoffnungen, die nicht zuletzt die Wirtschaft mit der neuen Legislatur verbindet. Bitte jetzt umsteuern!