BW 09/2021 – Agenda

„Wahlarena“ Klimaschutz

In einer Online-Diskussion zur Abgeordnetenhauswahl stellten sich fünf Politiker Fragen von Zuschauern und Moderatoren. Es zeigt sich: Alle haben eigene Pläne.
Klimawandel, Digitalisierung und Verwaltung sowie Stadtentwicklung – das sind die drei Kernthemen, die die IHK Berlin mit dem Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI) in der Veranstaltungsreihe „Wahlarena“ vor der Wahl des Abgeordnetenhauses in den Vordergund stellt. Den kritischen Fragen stellten sich jeweils die fachpolitischen Sprecher der Parteien. Zum Auftakt moderierten VBKI-Geschäftsführerin Claudia Große-Leege und Henrik Vagt, Geschäftsführer Wirtschaft & Politik der IHK Berlin, die Diskussion zum Thema Klimaschutz mit Jörg Stroedter (SPD), Frank Scholtysek (AfD), Danny Freymark (CDU), Henner Schmidt (FDP), Dr. Michael Efler (Linke) und Georg Kössler (Grüne).
Eine nachhaltige Energie- und Klimaschutzpolitik muss vieles leisten: einen verlässlichen Weg in die Klimaneutralität sicherstellen, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft gewährleisten, die Zukunft des Standortes neu definieren und dabei eine gerechte Verteilung der Lasten organisieren. In der Realität verhakt sich das Generationenprojekt aber in dezentralen und teilweise klientel-getriggerten Teilstrategien, die nicht so recht zusammenpassen und zu Zielkonflikten und Reibungsverlusten führen.
Das Ziel der Moderation war, herauszufinden, wie hier die Parteien einen Weg in eine nachhaltige und konsensfähige Energie- und Klimapolitik finden wollen. Deutlich wurde in der Diskussion, dass alle Parteien für sehr unterschiedliche Umsetzungsstrategien plädieren.
Während Stroedter von der SPD auf Rekommunalisierung und den Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur setzt, will Efler von den Linken seine Investitions- und Förderprogramme mit der Aussetzung der Schuldenbremse finanzieren. Freymark von der CDU setzt dagegen stärker auf den Dialog mit der Wirtschaft und will die öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungsbereitschaft der Verwaltung, gern in einer Enquetekommission, auf Vordermann bringen. Schmidt von der FDP wünscht sich mehr Gestaltungsspielraum beim Erreichen der Klimaziele für Firmen und bessere Rahmenbedingungen in der Verwaltung, um Investitionen und Verfahren zu beschleunigen. Für Kössler von den Grünen sind die Kooperation mit Brandenburg und dezentrale Lösungen maßgeblich. Scholtysek von der AfD bezweifelt, dass von Deutschland aus eine Hebelwirkung erzielt werden kann. Einig waren sich alle darin, dass Berlin im Klimaschutz noch einiges zu tun hat.

Faktencheck zur CO2-Einsparung

Wo steht Berlin im Klimaschutz aktuell? Ein Blick in die Berliner Energie- und CO2-Bilanz zeigt, wie weit der Weg zu den gesetzten Zielen im Jahr 2030 in den einzelnen Verbrauchssektoren noch ist.
Im Gebäudesektor hatte Berlin 2012 noch 9.049 Kilotonnen (kt) CO2 ausgestoßen. In den sieben Jahren bis 2019 sanken die Emissionen auf 7.628 kt. In diesem Zeitraum wurde eine CO2-Einsparung von etwa 16 Prozent erreicht, das sind Minderungen von rund 2,3 Prozent pro Jahr. Um das Ziel von 4.300 kt CO2-Ausstoß im Jahr 2030 zu erreichen, müssen in den verbleibenden elf Jahren etwa 44 Prozent und damit rund 4 Pozent pro Jahr eingespart werden. Dies bedeutet eine Verdopplung der bisherigen Anstrengungen.
In der Wirtschaft konnten in den sieben Jahren von 2012 (5.097 kt) bis 2019 (3.639 kt) rund 29 Prozent CO2 eingespart werden. Das sind Minderungen von etwa 4,1 Prozent pro Jahr. Um im Jahr 2030 das Ziel von 2.700 kt CO2-Ausstoß zu erreichen, müssen in den verbleibenden elf Jahren etwa 26 Prozent und damit rund 2,4 Prozent pro Jahr eingespart werden. Die Anstrengungen im bisherigen Umfang werden zu einer Zielerfüllung führen.
Im Bereich Verkehr stieg der CO2-Ausstoß von 4.955 kt im Jahr 2012 auf 5.642 kt im Jahr 2019. In diesen sieben Jahren gab es also keine CO2-Einsparungen, sondern einen Anstieg um 14 Prozent beziehungsweise um rund 2 Prozent pro Jahr. Um das Ziel für das Jahr 2030 von 2.900 kt CO2-Ausstoß zu erreichen, müssen in den verbleibenden elf Jahren rund 49 Prozent und damit etwa 4,5 Prozent pro Jahr eingespart werden. Das Ambitionsniveau muss massiv angehoben werden.
Im Bereich Haushalte sanken die CO2-Emissionen von 2.099 kt im Jahr 2012 auf 1.342 kt im Jahr 2019. Das entspricht innerhalb von sieben Jahren Einsparungen von rund 36 Prozent oder etwa 5,1 Prozent pro Jahr. Um das Ziel von 1.300 kt CO2-Ausstoß im Jahr 2030 zu erreichen, müssen in den verbleibenden elf Jahren rund 3 Prozent und damit etwa 0,3 Prozent pro Jahr eingespart werden. Die Anstrengungen sind zielführend.

Faktencheck-Basis

Die Daten entstammen dem Digitalen Monitoring- und Informationssystem des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 (diBEK), und zwar der temperaturbereinigten Verursacherbilanz.