BW 11/2021 - AGENDA
Viele Branchen auf Erholungskurs
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Insgesamt entwickelt sich die Berliner Wirtschaft positiv, sieht sich aber mit Fachkräftemangel und Lieferengpässen konfrontiert. Gastgewerbe, Hotellerie und Handel leiden weiter unter den Folgen der Pandemie
Zurzeit befindet sich die Pandemie in einer stabilen Phase. Dank des Impffortschritts können drastische Einschnitte in die unternehmerische Tätigkeit aktuell ausbleiben. Als Folge dieser Entwicklung erholt sich der Geschäftsklimaindex zum dritten Mal in Folge. Viele Branchen befinden sich auf einem Erholungskurs, der sie in sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten an den Vorkrisenstatus anschließen lässt. Denn noch sind nicht alle Folgen der Krise überwunden. Weiterhin fehlen der Stadt ihre Besucher. Gastronomen, Beherbergungsbetriebe und auch Händler sind auf diese Kundengruppe angewiesen. Außerdem bleiben Eindämmungsmaßnahmen für personenbezogene Wirtschaftsangebote bestehen, auch wenn diese inzwischen weniger hart ausfallen.
Trotz dieser Einschränkungen befindet sich die Berliner Wirtschaft insgesamt auf einem Erholungspfad. Die Beurteilung der aktuellen Lage fällt daher deutlich positiver aus als noch vor einem Jahr. Doch die Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen sind groß. Das Gastgewerbe bewertet die aktuelle Lage immer noch überwiegend negativ, auch die überwiegend personenbezogenen Dienstleistungsunternehmen bleiben überwiegend kritisch. Dagegen bewerteten die unternehmensbezogenen Dienstleister oder Industrieunternehmen ihre Lage bereits seit dem Frühjahr 2021 deutlich positiver. Denn eine große, insbesondere internationale Nachfrage nach Industrieprodukten führt hier zu einer schnellen Erholung. Unternehmensnahe Dienstleistungen profitieren ebenfalls von den Erholungseffekten und konnten, wie etwa die Digitalwirtschaft, zum Teil auch schon während der Krise Wachstum ausweisen.
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Mit der Erholung der Wirtschaft steigt auch die Nachfrage nach Fachkräften wieder deutlich an. Bereits in der ersten Jahreshälfte ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Jahresvergleich deutlich gestiegen, ohne jedoch das Vorkrisenniveau bereits wieder erreicht zu haben. Der entsprechende Indikator steigt in nahezu allen Branchen – zum Teil deutlich – an. Damit bleibt anzunehmen, dass die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt vorerst anhält. Doch mit dem steigenden Bedarf an Fachkräften wird auch das Problem größer, Personal zu finden. Entsprechend hoch bewerten die Unternehmen das Risiko durch den Fachkräftemangel inzwischen wieder. Mehr als jedes zweite Unternehmen sieht seine Entwicklung durch den erschwerten Zugang zu Fachkräften bedroht. Mit Abklingen der Folgen der Krise ist dieses Risiko wieder das am häufigsten genannte.
Ein besonders starkes Zeichen für die sich erholende Konjunktur gibt die Entwicklung des Investitionsindikators. Durch die Krise sparten viele Menschen ungeplant Teile ihres Einkommens an. Diese erhöhte Kaufkraft führt augenblicklich zu einer gestiegenen Nachfrage nach Gebrauchs- und Verbrauchsgütern. Hinzu kommt, dass das gleichzeitige Hochfahren der Wirtschaft nicht nur national, sondern auch international zu einer gestiegenen Nachfrage nach Rohstoffen, Materialien und Vorprodukten führt. Diesem Nachfrageschub wollen die Unternehmen offenbar mit einer Kapazitätserhöhung begegnen. Denn mehr als jedes zweite investierende Unternehmen will auch in die Ausweitung seiner Kapazitäten investieren.
Die Pandemie löst auch eine ganze Reihe von Folgeeffekten aus, die den Unternehmen zu schaffen machen. Die stark gestiegene Nachfrage bei gleichzeitig unvollständigen Produktionskapazitäten auch im internationalen Kontext führten zu knappen Ressourcen und Transportkapazitäten. Infolgedessen sehen die Unternehmen sich mit steigenden Rohstoff- und auch Energiepreisen konfrontiert.
von Patrick Schulze