BW 07-08/2021 – Service

Vom Stromfresser zu grüner Software

„Digital meets Mittelstand“: In der sechsten Ausgabe der Serie von IHK Berlin und ÖFIT geht es um die Auswirkungen von Software auf den nachhaltigen und ressourcenschonenden Betrieb von IT
Digitalisierung kann eine nachhaltige Lebensweise ermöglichen, doch mit dem rasant ansteigenden Einsatz digitaler Anwendungen explodiert auch deren Ressourcenverbrauch. Software ist deswegen Lösungsbaustein und Teil des Problems zugleich.
Wenn Software auf einem Computer ausgeführt wird, verbraucht ihr Betrieb Strom. Der Stromverbrauch wird der Hardware zugeschlagen, doch bestimmt die ausgeführte Software letztlich die Höhe des Energieverbrauchs, wie anhand der Blockchain bei Kryptowährungen derzeit kontrovers diskutiert wird. Insbesondere wenn Software ineffizient programmiert oder nicht für die eingesetzte Hardware optimiert wurde, verursacht sie erhöhten Stromverbrauch und damit vermeidbare Kosten. Dabei muss der Stromverbrauch nicht vor Ort anfallen, wenn ressourcenintensive Rechenoperationen auf entfernte Computersysteme beim Cloud- oder Edge-Computing ausgelagert werden.
Die benötigte Hardware schlägt sich durch ihren aufwendigen Herstellungsprozess ebenfalls signifikant auf die Ressourcenbilanz nieder. Zudem agiert Software nicht allein, sondern ist eingebettet in und interagiert mit technologischen und sozialen Prozessen. Deswegen müssen indirekte Effekte zu den Auswirkungen von Software hinzugezählt werden, beispielsweise, wenn Software menschliches Verhalten und technologische Systeme beeinflusst.

Was ist grüne Software?

Die Nachhaltigkeit von Software lässt sich ganz allgemein in drei Kategorien einteilen:
  • Direkte Energie- und Umweltkosten
  • Indirekte Effekte
  • Selbstverstärkende Effekte
Zur Nachhaltigkeit von Software kann man zunächst die direkten Energie- und Umweltkosten von Hardware und Infrastruktur betrachten. Es gibt eine Vielfalt von Ansätzen, um Software nachhaltiger zu machen. Die Effizienz von IT-Systemen lässt sich durch qualitativ hochwertige Programmierung, effiziente beziehungsweise abgestimmte Hardware und längere Nutzung von Hardware verbessern. Dabei ist auch die Software-Architektur ausschlaggebend, durch sinnvolle Arbeitsverteilung lässt sich Energie sparen. Die Berücksichtigung längerer Lebenszyklen für Softwareprodukte und eine bewusste Gestaltung der Entwicklungsprozesse ermöglichen auch im Bereich der Software-Entwicklung Nachhaltigkeitsziele. Die Messbarkeit dieser Maßnahmen sind Bestandteil etwa in den Vergabekriterien des Umweltzeichens „Blauer Engel“ für ressourcen- und energieeffiziente Softwareprodukte.

Intelligente Steuerung spart Ressourcen

Software hat auch indirekte Effekte auf die Energienutzung von technischen Systemen oder auf das Verbrauchsverhalten von Nutzern. Durch intelligente und adaptive Steuerung lassen sich hier Ressourcen einsparen. Dabei können die Nachhaltigkeitsbewertungen für die einzelnen Komponenten und für das Gesamtsystem deutlich voneinander abweichen: Ein Braunkohlekraftwerk lässt sich mit einer effizienten Steuerung ausrüsten, auch wenn diese Art der Elektrizitätserzeugung insgesamt wenig nachhaltig ist. Die Effizienzbewertung von Software ergibt sich dabei im Vergleich mit funktional gleichwertigen Systemen.
Der Einsatz von Software kann selbstverstärkende Effekte haben. Das zeigt sich, wenn effizientere Software zu einer steigenden Nutzung digitaler Systeme führt und die Effizienzsteigerungen als Rechtfertigung für eine erheblich stärkere Nutzung herangezogen werden. Der Ressourcenverbrauch steigt also insgesamt an, weil der Ressourcenverbrauch der einzelnen Systeme pro Nutzung sinkt. Solche selbstverstärkenden Effekte sind oft das Resultat komplexer Interaktionen wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Phänomene.
Trotz direkter finanzieller Vorteile beim Einsatz effizienter technischer Systeme ist die Entwicklung hin zu grüner Software kein Selbstläufer. Die direkten und indirekten Wirkungen solcher Systeme können durchaus unter Nachhaltigkeitsaspekten problematisch sein. Deswegen ist es erforderlich, Software nicht isoliert zu betrachten, sondern Nachhaltigkeitsziele übergreifend umzusetzen.

Einfluss der Software

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Pro & Contra

Wie jeder neue Trend eröffnet grüne Software Chancen und großes Innovationspotenzial – es gibt aber auch einige Herausforderungen
Möglichkeiten
  • Energie- und Kosteneinsparung durch effizientere Software
  • Umfassende Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien
  • Marktchancen für nachhaltige Software und Prozesse
  • Wagnisse
  • Erhöhter Entwicklungsaufwand
  • Komplexe Nachhaltigkeitsbewertung durch Wechselwirkungen
  • Erhöhte Nutzung effizienter Software (Rebound-Effekt)

von Dorian Grosch