BW 07-08/2021 – Agenda
Mit dem jährlichen Mittelstandscheck analysiert das Kompetenzteam Mittelstand die Wirtschaftsfreundlichkeit der Berliner Politik und Verwaltung und stellt regelmäßig Forderungen für die kommenden zwölf Monate auf. Das ist für ein Jahr, in dem im Land und Bund gewählt wird, besonders spannend, denn der Wille, in der laufenden Legislatur noch etwas zu realisieren, paart sich mit dem häufig vorherrschenden Wahlkampf-Stillstand. Noch Anfang des Jahres waren wir „auf Tour“ und haben die Verantwortlichen gedrängt, einen Endspurt hinzulegen. Heute wissen wir, dass die damaligen Versprechungen in großen Teilen nicht gehalten wurden – gern begründet mit der Corona-Krise. Und damit ist schon heute klar: Einige unserer Forderungen müssen wir im Mittelstandscheck 2021, der Ende des Jahres erscheint, wieder aufnehmen.
Berlin braucht Mittelstand, Mittelstand braucht Berlin
Die meisten Versprechen der Politik an die Wirtschaft wurden nicht gehalten, gern begründet mit der Corona-Krise. Eine Bestandsaufnahme inmitten des Wahljahrs
<font color="#56BD66"> <b>Sebastian Stietzel</b> </font>
Vize-Präsident der IHK Berlin, Vorsitzender des IHK-Kompetenzteams Mittelstand und Geschäftsführer der Marktflagge GmbH, Management & Investments
© Christian Kielmann
Im Einzelnen:
- Die umfassende Digitalisierung der Bürgerämter scheitert nach wie vor an fehlender oder nicht genutzter Durchgriffsmacht der Verantwortlichen und einer Vielzahl technischer Insellösungen.
- Die Ausschreibungs- und Vergabepraxis des Landes ignoriert weiter den innovativen Mittelstand und hält an altbewährten, jedoch nicht zukunftsweisenden Lösungen und Verfahren fest.
- Es wurden zwar Open-Data-Beauftragte in den Verwaltungen installiert, allerdings meist ohne zusätzliche Ressourcen und vor allem ohne klare Strategie. Der geplante Data-Hub lässt weiter auf sich warten.
- Alle Seiten befürworten intensive Verflechtungen zwischen Wissenschaft und Mittelstand, um Forschungsergebnisse in Anwendung zu bringen. Doch entsprechende Anreizsysteme haben es bisher nicht in die Hochschulverträge geschafft.
- Der schlechte Zustand von Kinderbetreuung und Schulbildung wurde in Corona-Zeiten gnadenlos sichtbar, eine Qualitätsinitiative bleibt dringend erforderlich.
- Das neue Mobilitätsgesetz wird voraussichtlich zwar endlich um einen Absatz zum Wirtschaftsverkehr ergänzt, insgesamt werden Lösungsansätze aber weiter nicht ideologiefrei diskutiert.
- Mit der Smart-City-Rahmenstrategie ist ein Fundament entstanden, das es hoffentlich in die nächste Legislaturperiode schafft. Bis zu einer ganzheitlichen Vision von der Stadt, ihren Werten und Zielen ist es aber noch weit.
Wenn Sie gute Beispiele oder Gegenbeispiele für mittelstandsfreundliches Handeln haben, freuen wir uns auf Ihren Input für den kommenden Mittelstandscheck. Nutzen Sie dafür gern den nebenstehenden Umfragelink. Denn wir wissen: Der Austausch mit den Verantwortlichen fördert Erkenntnis, und Erkenntnis führt manchmal zu Veränderungen!
Ich wünsche Ihnen einen erfolgreichen Sommer!