BW 04/2021 – Branchen
Freiwillige vor!
Neben Barcelona, London und Lissabon trägt nun auch Berlin den Titel der Europäischen Freiwilligenhauptstadt (European Volunteering Capital = EVC). Dieser wird jährlich von der Brüsseler NGO Centre for European Volunteering (CEV) vergeben. Am 5. Dezember 2020 übernahm Berlin den Staffelstab von Padua. Der Titel der Europäischen Freiwilligenhauptstadt geht an alle Freiwilligen, die sich in Berlin engagieren. Der EVC ist Auszeichnung, Würdigung und Inspiration zugleich.
Das Aktionsjahr startete mit einer feierlichen Eröffnungszeremonie mit dem Regierenden Bürgermeister, Michael Müller, und Sawsan Chebli, der Bevollmächtigten des Landes Berlin beim Bund und Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales. Begleitet wurde die Eröffnungsveranstaltung von einer Social-Media-Kampagne unter dem Motto #EntdeckeDasWirInDir.
Wertschätzung und Freude erfahren
Freiwilligenarbeit ist fundamental für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Gerade jetzt, in diesen herausfordernden Zeiten, wird deutlich, welchen zentralen Platz freiwilliges Engagement im Leben der Menschen hat. Entweder weil sie sich selbst engagieren oder weil sie durch das freiwillige Engagement anderer Menschen Gemeinschaft, Wertschätzung und Freude erfahren. So ist das Motto des Aktionsjahres der Freiwilligenhauptstadt #EntdeckeDasWirInDir gleichermaßen Ermutigung und Erinnerung dieses Miteinanders.
Für Michael Müller steht Berlin für Freiheit, Zusammenhalt, Toleranz und Solidarität. Grundlagen für die Stabilität demokratischer Werte seien eine aktive, kritische und wehrhafte Zivilgesellschaft und eine sie unterstützende Politik. „Die Auszeichnung ist eine große Motivation, gerade unter diesen erschwerten Bedingungen der Pandemie, die Rahmenbedingungen für Engagement in unserer Stadt noch weiter zu verbessern“, so Müller.
IHK setzte sich für eine Bewerbung ein
Sawsan Chebli hob hervor, dass die vielen Ehrenamtlichen in Berlin es seien, die diesen Titel verdient gewonnen hätten. „Engagierte sind systemrelevant“, betonte die Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement. „Mit dem EVC-Jahr wollen wir Menschen motivieren, sich für andere zu engagieren, Spaß daran zu haben, sich nicht zurückdrängen zu lassen, sondern zuzupacken und sich einzubringen. Gerade jetzt werden sie besonders gebraucht.“
Sawsan Chebli (2. v. l.) im Gespräch mit Katja Jäger und Katharina Foerster vom Projektbüro sowie Moderatorin Petra Gute (v. r.).
© BERLIN PARTNER/PHOTOTHEK.DE
Ein Tandem-Projektbüro aus der Schwarzkopf- Stiftung Junges Europa und dem Betterplace Lab ist Anlaufstelle für die Umsetzung und Koordinierung des Aktionsjahres. Kommunikativ begleitet wird das Jahr von Berlin Partner, mit Unterstützung des Berlin-Partner-Netzwerks. Daneben liefert ein Lenkungskreis aus Vertretern verschiedener Organisationen, Institutionen und Netzwerken Impulse. Auch die IHK Berlin ist hier dabei.
IHK-Präsidentin Dr. Beatrice Kramm setzte sich im Namen der Kammer für die Bewerbung um den Titel ein. Die IHK Berlin wird mit verschiedenen Aktivitäten dieses besondere Jahr für Berlin unterstützen und repräsentiert dabei die zahlreichen Unternehmer der Stadt, die sich gesellschaftlich engagieren.
Jährlich werden einige von ihnen mit dem Berliner Unternehmenspreis ausgezeichnet, den der Regierende Bürgermeister und die IHK Berlin gemeinsam vergeben. Verliehen wird die Mendelssohn- Medaille, die an den Unternehmer Franz von Mendelssohn erinnert. Mit dem Preis sollen Berliner Unternehmer gewürdigt werden, die sich durch persönliches Engagement auszeichnen oder die Freiräume für das ehrenamtliche Engagement ihrer Belegschaft schaffen.
Die Preisträger und Bewerber der letzten Jahre verdeutlichen die Diversität des unternehmerischen Engagements in Berlin. Berliner Start-ups machen sich für geflüchtete Menschen stark, Mittelständler organisieren einen betrieblichen Freiwilligentag in der Jugendfreizeiteinrichtung, und Unternehmenskooperationen stellen gemeinnützigen Organisationen Expertenwissen pro bono zur Verfügung: All das sind Beispiele, wie unternehmerisches Engagement aussehen kann.
Deutschlandweit großer Einsatz
Auch die Arbeit der IHK als Selbstverwaltung der Wirtschaft lebt von der ehrenamtlichen Mitarbeit zahlreicher Unternehmer. 99 Präsidiums- und Vollversammlungsmitglieder und 658 Ausschussmitglieder sowie rund 3.680 ehrenamtliche Prüfer, Handelsrichter, Schlichter und Wirtschaftsmediatoren gestalten aktuell die Berliner Wirtschaft aktiv mit.
Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung engagieren sich 63 Prozent der Unternehmen in Deutschland regelmäßig für gesellschaftliche Belange. Als Mehrwerte für die Unternehmenslandschaft werden zum Beispiel der gute Ruf, Mitarbeiterbindung und eine größere Arbeitgeberattraktivität genannt. Quantitativ hat besonders Corporate Volunteering zugenommen, und mehr als die Hälfte der Unternehmen erwartet auch weiterhin steigende Teilnehmendenzahlen.
Mit Formaten wie dem Gute-Tat Marktplatz bietet die IHK Berlin Unternehmen und sozialen Organisationen eine Plattform, um sich auszutauschen und Möglichkeiten gemeinsamer Engagement-Projekte auszuloten. Rund 60 Vereinbarungen wurden zwischen den rund 200 Teilnehmern beim letzten Marktplatz getroffen.
Im Pandemie-Jahr 2020 mussten sowohl die Vergabe des Unternehmenspreises als auch der Gute-Tat Markplatz ausfallen. Im EVC-Jahr geht die IHK das Thema Engagement mit neuer Motivation und möglicherweise abgeänderten Formaten wieder an. Über das gesamte Aktionsjahr verteilt gibt es viele unterschiedliche Veranstaltungen vom Projektbüro, den Partnern sowie von diversen Berliner Organisationen und Unternehmen. Was mit einem Festakt begann, geht im Dezember 2021 mit einer feierlichen Closing Ceremony zu Ende. Berlin übergibt dann den Titel an die nächste Freiwilligenhauptstadt Europas: Das wird Danzig in Polen sein.
von Susanne Kruza und Saskia Lössl