BW 04/2021 – Agenda
Investitionen in die Sicherheit
Unfälle beim Rechtsabbiegen gehören zu den größten Risiken im Stadtverkehr. Vor allem zwischen abbiegenden Lkw und Radfahrern kommt es immer wieder zu schrecklichen Unfällen. So kamen allein im letzten Jahr in Berlin neun Radfahrer bei Abbiegeunfällen ums Leben.
Deshalb diskutiert der Verkehrsausschuss der IHK Berlin seit Langem intensiv über Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit. Gemeinsam mit den Verbänden der Transportwirtschaft wirbt die IHK bei den Transporteuren vor allem um die Ausrüstung von Lkw mit Abbiegeassistenten.
Die seit zwei Jahren zugelassenen Systeme erkennen mit Radar-, Ultraschall- oder optischen Sensoren an der Seite von Fahrzeugen gefährdete Verkehrsteilnehmer. Sie warnen dann die Fahrer mit Licht- und Tonsignalen vor Kollisionen. Oft zeigt dazu ein Monitor anhand von Kamerabildern die kritischen Bereiche neben dem Lkw.
In der EU müssen neue Lkw ab Juli 2024 ausgestattet sein. Statt abzuwarten, gilt es sofort nachzurüsten und Sicherheitslücken zu schließen. Beim Neukauf von Lkw und Bussen ist es schon heute möglich und dringend zu empfehlen, die Technik mit zu ordern.
Michael Sünkler war mit seiner Reinickendorfer Spedition bundesweit als einer der Ersten dabei. Für die schnelle Vollausstattung seiner Sattelzugmaschinen ist er als Sicherheitspartner des Bundesverkehrsministers ausgezeichnet worden. Auch andere Berliner Unternehmen wie Alba Berlin, die BOS Spedition oder Bartscherer Recycling haben sofort in die Sicherheit investiert. Zu den Vorreitern, die ihre Flotten inzwischen vollständig ausgerüstet haben, gehören auch die CETAN Logistik GmbH & Co. KG und die Hahn Transportlogistik GmbH. Geschäftsführer Thomas Hahn setzt auf ein nachrüstbares System, bei dem eine Kamera in 2,50 Metern Höhe verbaut wird, die den Gefahrenbereich auf einen Monitor am Armaturenbrett bringt. Per Software werden Gefahrensituationen erkannt und dann optisch und akustisch gewarnt. Seine Erfahrungen sind durchweg positiv.
Auch Andreas Peter, Geschäftsführer der Peter & Krebs Energie GmbH und Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses, hat seine Lkw ausgerüstet. Weil die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer das höchste Gut im Straßenverkehr ist, wirbt er für die Nachrüstung und geht mit gutem Beispiel voran. „Allerdings wird auch mit Hightech- Unterstützung die gegenseitige Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer unverzichtbar bleiben.“ Gerd Bretschneider, Geschäftsführer der Fuhrgewerbe Innung, zeigt seit über zehn Jahren Grundschülern die Gefahren des toten Winkels ganz praxisnah. Aus dem Kampagnen-Lkw können die Kinder selbst hinausschauen. Für ihn ist auch wichtig, dass der Bund nun seine Lkw-Abwrackprämie an die Ausstattung der neuen Lkw mit diesen Systemen knüpft. Er ruft die Mitglieder dazu auf, jetzt auch das Berliner Förderprogramm zu nutzen, um so schnell wie möglich Vollausstattung zu erreichen.
Wer seine Lkw nachrüsten möchte, kann auch mit öffentlicher Förderung unterstützt werden. Denn das Land Berlin hat im letzten Dezember ein eigenes Landesprogramm gestartet. Nachdem in den ersten drei Monaten 150 Systeme beantragt worden waren, hat das Land nun noch einmal nachgebessert. Jetzt können KBA-zugelassene Systeme mit optischen und akustischen Signalen für Lkw gefördert werden, ob mit Kamera oder mit Sensoren. Dafür gibt es einen Kostenzuschuss von bis zu 80 Prozent (max. 1.500 Euro) je Fahrzeug. Beantragen können diesen alle Unternehmen mit Firmensitz in Berlin, auch für Miet- und Leasingfahrzeuge.
von Dr. Lutz Kaden
IHK-Umfrage zu Abbiegeassistenten
An der von der Fuhrgewerbe Innung Berlin Brandenburg unterstützten Umfrage haben über 50 Betriebe mit zusammen mehr als 700 Lkw teilgenommen
➜ Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Unternehmen hat bereits Abbiegeassistenten in ihren Lkw im Einsatz. Bis zum Ende dieses Jahres wird der Anteil auf 75 Prozent steigen.
➜ Zum Jahresbeginn waren 40 Prozent der mittelschweren und schweren Lkw (ab 7,5 t) mit Abbiegeassistenten ausgerüstet.
➜ Weitere Aus- und Nachrüstungen laufen bzw. sind in Vorbereitung. Bis Ende dieses Jahres sollen schon 60 Prozent der Lkw (ab 7,5 t) ausgerüstet sein.
➜ Eine Reihe Unternehmen haben ihre Lkw-Flotten vollständig ausgerüstet. Andere werden es noch in diesem Jahr schaffen.
➜ Im Einsatz sind vor allem kamerabasierte Systeme mit Monitor sowie radarbasierte Systeme mit Sensoren, jeweils mit optischen und akustischen Warnsignalen.