Haftung des Auszubildenden

Der Auszubildende haftet - wie jeder Arbeitnehmer - für vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Schäden (§§ 10 Abs. 2 BBiG, 276 BGB).
Eingeschränkte Haftung bei betrieblich veranlasster Tätigkeit
Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte gilt bei Schäden im Zusammenhang mit betrieblich veranlassten Tätigkeiten Folgendes:
Verschuldensgrad
Haftung des Auszubildenden
Leichte Fahrlässigkeit
(„kann jedem mal passieren“)
keine
Mittlere Fahrlässigkeit
(„passiert nicht jedem, aber noch verständlich“)
anteilig
(= nicht automatisch hälftig, sondern meist erheblich weniger)
Grobe Fahrlässigkeit
(„völlig unverständliches Außerachtlassen der jedem einleuchtenden Sorgfalt“)
voll
Vorsatz
voll
Die Gerichte haben diese Haftungsregeln unter dem Gesichtspunkt der Existenzgefährdung des Arbeitnehmers wie folgt begrenzt:
  • Mittlere Fahrlässigkeit: max. 0,5 – 1 Monatsgehalt
  • Grobe Fahrlässigkeit: max. 3 Monatsgehälter
Zusätzliche Haftungsbeschränkung
Der Auszubildende muss nur für Schäden einstehen, die er bei Anwendung des schon Erlernten und unter Berücksichtigung der erworbenen Erfahrung und der Einsichtsfähigkeit in mögliche Gefahren vermeiden konnte.
Den Ausbildungsbetrieb trifft eine gegenüber normalen Arbeitnehmern erhöhte Verpflichtung zur Einweisung und Beaufsichtigung.
Haftung für Waren- oder Kassenfehlbestände
Bei Fehlbeträgen in der Kasse oder Fehlbeständen im Warenlager haftet der Auszubildende nur bei Verschulden nach den oben dargestellten Grundsätzen.
Der Arbeitgeber muss also
  • ein Fehlverhalten des Auszubildenden,
  • einen hierdurch verursachten Schaden sowie
  • ein Verschulden
konkret beweisen. Es muss mindestens mittlere Fahrlässigkeit vorliegen, da unterhalb dieser Schwelle die Haftung nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs ausgeschlossen ist.
Gibt es keine direkten Beweise für ein Fehlverhalten des Auszubildenden, kommt eine Haftung nur dann in Betracht, wenn der Auszubildende den alleinigen Zugriff auf die Gegenstände oder Kassenbeträge hatte, es also nachweislich niemand anderes gewesen sein kann.
Kommen mehrere Mitarbeiter in Betracht und kann keinem ein Fehlverhalten nachgewiesen werden, ist eine Inanspruchnahme aller Verdächtigen (Kollektivhaftung) unzulässig.
Aufrechnung mit der Ausbildungsvergütung
Nur in Ausnahmefällen darf der Arbeitgeber die Ausbildungsvergütung zur Begleichung des Schadens einbehalten.
Eine solche Aufrechnung ist nur insoweit zulässig, wie die Vergütung über den Pfändungsfreigrenzen liegt (mehr als 985,15 Euro – bei gesetzlichen Unterhaltspflichten steigt der Freibetrag an).
Die meisten Ausbildungsvergütungen liegen jedoch weit unter den Pfändungsfreigrenzen. Eine Aufrechnung ist daher gesetzlich verboten.
Das Aufrechnungsverbot greift nicht bei vorsätzlicher Schadensherbeiführung. Hier kann die Ausbildungsvergütung einbehalten werden, wenn dem Auszubildenden das Existenzminimum verbleibt (Regelbedarfssatz nach Hartz IV + ggf. Wohnungsmiete).