Regionaler Konjunkturbericht Frühsommer 2024

Die IHK Wiesbaden befragt drei Mal im Jahr etwa 450 Unternehmen in der Wirtschaftsregion Wiesbaden/ Rheingau-Taunus/ Hochheim zu ihrer aktuellen wirtschaftlichen Lage und ihren Erwartungen. 

Regionale Wirtschaft tritt auf der Stelle

Von 96 auf 100 Punkte steigt der Geschäftsklimaindex, den die Industrie- und Handelskammer (IHK) Wiesbaden regelmäßig im Rahmen ihrer Konjunkturbefragung ermittelt. Seit gut einem Jahr stehen die Vorzeichen für die regionale Wirtschaft damit auf Stagnation. Der hessenweite Trend gestaltet sich ähnlich, dort verbessert sich das Geschäftsklima von 92 auf 96 Punkte. 
„Der aktuelle Konjunkturbericht zeigt, wie sehr unsere Wirtschaft gegen den Strom schwimmen muss,“ erklärt IHK-Präsident Jörg Brömer. „Manche der Probleme sind schlicht hausgemacht. Dass die Unternehmen die Wirtschaftspolitik und dort besonders die ausufernde Bürokratie als größtes Geschäftsrisiko bezeichnen, ist ein absolutes Alarmzeichen. Ohne Umdenken in der Politik wird es schwer, wieder auf einen Wachstumskurs zu kommen.“ 
Die Situation der einzelnen Branchen ist durchwachsen. Einzig der Dienstleistungssektor als traditionell robusteste Branche schafft den Sprung über die Wachstumsschwelle (Branchenindex 110) und zieht den Durchschnitt nach oben. Der Industriesektor zeigt eine gegenläufige Entwicklung (Branchenindex 90). Der Einzelhandel konnte seinen Status als konjunkturelles Sorgenkind zwar abgeben, sieht sich jedoch weiter herausfordernden Zeiten gegenüber (Branchenindex 92). Der Großhandel sieht sich nun von allen Branchen mit den größten Herausforderungen konfrontiert (Branchenindex 80 Punkte). 
Auf Sicht der kommenden 12 Monate rechnen die Unternehmen weiterhin mit einem schwachen Exportgeschäft, die Erwartungen haben sich jedoch verbessert (Saldo -2). Die Prognose zur Beschäftigungsentwicklung deutet auf eine Stabilisierung hin (Saldo 2). Auch bei der Investitionsbereitschaft zeigen sich die Unternehmen weiterhin sehr zurückhaltend (Saldo -5). 
Der Anteil der Unternehmen mit einer schwierigen Finanzlage ist leicht auf 34 Prozent zurückgegangen. Insbesondere der Einzelhandel sieht sich in dieser Hinsicht vor Herausforderungen gestellt – 63 Prozent der Branche sehen sich selbst in einer schwierigen finanziellen Lage. Insbesondere Liquiditätsengpässe bereiten Grund zur Sorge. 
Bei den Geschäftsrisiken verfestigen sich die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen mit einer Nennung von 67 Prozent als negativer Spitzenreiter. Damit erreicht dieser Risikofaktor regional den höchsten jemals gemessenen Wert. Es folgen die Inlandsnachfrage (63 Prozent) sowie der Fachkräftemangel (51 Prozent). Eine positive Entwicklung gibt es bei den Energie- und Rohstoffpreisen. Nur noch 39 Prozent (zuvor 51 Prozent) nennen diese als Geschäftsrisiko. 
Für Fabian Lauer, stv. Geschäftsführer und Leiter Wirtschaftspolitik der IHK, senden die Konjunkturergebnisse eine deutliche Botschaft: „Die Wirtschaft in unserer Region tritt nicht zuletzt deswegen auf der Stelle, weil immer neue Vorgaben, Berichts- und Dokumentationspflichten dringend benötigtes Wachstum abwürgen. Beispiele sind das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder der europäische CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM, dessen Auswirkungen bis heute kaum jemand überblicken kann. Die Politik muss mit der Entbürokratisierung endlich ernst machen und die Wirtschaft entlasten.“